Wohnkultur ändert sich
Bautzen / Budyšin, 12. August 2019. Während sich das äußerliche Bild eines Wohnhauses, wenn überhaupt jemals, sich nur selten ändert, liefern die Wohnräume ein Abbild gesellschaftlicher Prioritäten und Trends. Der Bautzner Anzeiger wagt den Blick hinter die Gardinen.
Abbildung: Home, sweet home? Für Wohnungsbesitzer ist es oft die Frage der Fragen, ob in den kommenden Jahren möglicherweise ein Wohnungswechsel ins Haus steht
Individualisierung und Flexibilität stehen an erster Stelle
Noch in den Siebzigerjahren war die Wohnwelt aus Sicht der Möbelhersteller und Möbelhändler in Ordnung. In Ostdeutschland stand das Streben nach einer eigenen Wohnung ganz oben auf der Wunschliste junger Paare und Familien, der Ehekredit lieferte eine Anschubfinanzierung zur Wohnungseinrichtung und hatte sich mit dem dritten Kind von ganz alleine getilgt. Einzige Sorge war oft genug, überhaupt an individuelle Möbel heranzukommen und vielleicht sogar dem omnipräsenten Hubauszugstisch – auch "Mufuti" (Multifunktionstisch) genannt – zu entgehen. Im Westen hingegen musste, wer Möbel verkaufen wollte, sich schon stärker an den Interessen der Zielgruppen orientieren. Musterring setzte damals gar auf psychogenetisch bedingte Vorlieben, wie sie bei vielen Menschen ausgeprägt sind, und unterschied Wohnungseinrichtungen nach anheimelnder Geborgenheit, Statusorientierung und Präsentationfreude der Wohnungsbesitzer oder eher kühler Sachlichkeit, die Funktionalität und Ästhetik vereint.
Unabhängig davon verdrängten Möbel aus MDF-Platten (MDF steht für Medium Density Fiberboard, mitteldichte Faserplatten) hochwertige Holzmöbel und Möbel mit Echtholz-Furnier. Während Echtholzmöbel mehrere Generationen überleben, ist bei MDF-Möbeln das Lebensende oft schon nach ein oder zwei Wohnungswechseln erreicht. Für die Umwelt ist das eine Katastrophe, für die Möbelindustrie, die immer wieder neu verkaufen möchte, ein gutes Geschäft. Hinzu kommt: Kaum jemand richtet sich noch "für die Ewigkeit" ein. Die Flexibilisierung der Arbeitswelt bedingt immer öfter den Umzug mit Sack und Pack und anstelle des aufwendigen Möbeltransports wird lieber gleich neu gekauft. Jüngere Leute gehen noch einen anderen Weg: Sie wollen günstig wohnen, verzichten auf klassische Möbel, improvisieren aus Paletten und Kisten oder polieren alte Möbelstücke gebrauchsfähig auf. Es ist für sie regelrecht schick, den Dingen ihr Vorleben anzusehen, so übrigens auch bei Wänden im Altbau: Anstelle diese mühsam zu sanieren (Putz ausbessern, Tiefgrund streichen, spachteln, tapezieren oder tünchen und streichen sind ein enormer Aufwand) werden diese nur abgewaschen und bröckelnder Putz wird verfestigt. Im Ergebnis ist oftmals die vielleicht mehr als hundert Jahre alte Erstbemalung zu sehen und die Wand erzählt aus der Geschichte des Hauses.
Im Neubau macht das natürlich wenig Sinn, es sei denn, man liebt rohe Beton- oder Ziegelwände. Viele Wohnungsbesitzer haben jedoch den ausgeprägten Drang, sich die eigenen vier Wände im übertragenen Sinn ganz zu eigen zu machen und lassen ihrem Gestaltungsbedürfnis freien Lauf. Was da nicht alles zu erleben ist! Mancher bewirft die Zimmerdecke mit Gips, um ihr Struktur zu geben, was bei einer Mitwohnung allerdings spätestens beim Auszug gewöhnlich zu deutlichem Aufwand führt. Da scheint es besser, sich auf Farbgestaltungen zu beschränken. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Bunte Wände müssen vor der Wohnungsrückgabe in hellen und neutralen Farbe überstrichen werden, hat der Bundesgerichtshof entschieden – also nicht zwingend weiß, aber eben hell.
Diese Diskrepanz zwischen Individualisierungdrang und möglichst wenig Aufwand beim Auszug aus der Wohnung hat ganz neue Lösungen geschaffen, die sogenannten Wand-Tattos. Diese haben die jahrhundertealte Tradition der Wandmalerei teilweise abgelöst, benötigen für ein toll sussehendes Ergebnis keine künstlerische Begabung und sind einfach aufzubringen (und – wenn es nicht anders geht – mit der Tapete wieder zu entfernen). Wer sich in einem Wandtattoo Shop umsieht, entdeckt Sprüche, Ornamente und Grafiken, die sich zu ganzen Wandbildern kombinieren lassen. Das ist übrigens nicht nur in Privaträumen beliebt, sodern gibt auch Geschäftsräumen, ob nun mit oder ohne Publikumsverkehr, eine ganz persönliche Note.
Bei allem Gestaltungsdrang bevorzugen viele Wohnungsbesitzer noch immer weiße Wände, die einen neutralen und hellen Hintergrund liefern. Wer das oft als kalt empfundene Weiß abmildern will, für den ist eventuell ein helles Grau eine Option, mit der zu experimentieren lohnt. Kombiniert mit den passenden Möbeln kann das einen weichen, sehr lichten Effekt erzeugen. Überhaupt sollte man sich mit Farbwirkungen beschäftigen, bevor man zur Tat schreitet. Die im breiten Umfang verfügbare Fachliteratur oder der örtliche Malerfachbetrieb helfen da sicherlich weiter.
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- Quelle: red/TEB | Foto Home: Comfreak / Jonny Lindner, Foto Küche: MamaShaw / Laura Shaw, beide Pixabay und Lizenz CC0 Public Domain
- Erstellt am 12.08.2019 - 08:04Uhr | Zuletzt geändert am 14.09.2019 - 06:47Uhr
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