Wenn Literatur zu Engagement wird: Benedikt Dyrlich

Bautzen / Budyšin, 20. Februar 2016. "Surreale Umarmung" heißt die neue Wortkunst des sorbischen Schriftstellers und Dichters Benedikt Dyrlich, die gestern im Pop-Verlag Ludwigsburg erschienen ist. Wie anders könnte man diese Welt auch umarmen?

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Lernen aus den Zeiten

Dyrlich, von dem ungefähr 15 Bücher mit Lyrik und Prosa vorliegen, bleibt sich treu: Ihm gelingt die Brücke zwischen Literatur und Engagement. Er gehört zu der wertvollen Generation - ja, eine Generation voller Werte - die sich im "DDR"-System nicht anpasste und heute wieder unangepasst ist.

Unangepasst, weil es mehr gibt als Schwarz und Weiß, mehr als die Grautöne - aus Dyrlichs Poesie bricht die Vielfalt der Farben, genährt von seiner Biografie und Lebensweisheit. Der Theologe, Krankenpfleger, Theaterwissenschaftler, Regisseur und Politiker, Chefredakteur und Vorsitzende des Sorbischen Künstlerbundes erweist sich als Denker nicht nur auf sorbisch-deutscher, sondern auf europäischer Ebene. "Er wendet sich mit offenen Fügeln der Welt zu, ohne sich in ihr zu verlieren", schrieb Gundula Sell, Sächsische Zeitung.

Der Epilog ist seiner Mutter gewidmet: Eines der vielen, in bürgerlichen Kreisen beliebten sorbischen Dienstmädchen. Sie gehörte in Dresden zum engeren Kreis um den sorbischen Priester Alois Andritzki, der an der Hofkirche tätig war. Als bekennender und aktiver Anti-Nazi kam er 1941 ins KZ Dachau, wo er 1943 umgebracht wurde.

Prädikat: Unbedingt lesen!
Surreale Umarmung. Wortkunst lyrisch und prosaisch.
Von Benedikt Dyrlich, mit 22 Grafiken von PAPI und einem Vorwort von Dietrich Scholze.
126 Seiten, ISBN: 978-3-86356-126-0, 18,20 Euro.


Kommentar:

Im Dritten Reich haben die Nazis haben ihre konsequentesten Gegner einfach umgebracht. Die heutigen Nazis werfen Brandbomben auf Menschen, die vermutlich nicht einmal wissen, was deutsche Nazis sind.

Hätte man in den dreißiger Jahren die Nazis mit dem konfrontiert, was wir heute unter Nazi verstehen, hätten die ehrlichen Herzens gesagt: Nein, das sind wir nicht. Wir wollen nur Ordnung, keine Fremden, keine Asozialen, keine Schwulen. Naja, und keine unnützen Esser. Und Juden soundso nicht. Wir sind das deutsche Volk, das sich von fremdem Blut rein halten muss. All das ist nicht sonderlich angenehm, aber nötig. Das wäre bei den rechtslastigen Populisten heutzutage kaum anders. Wird man ja wohl noch sagen dürfen.

Erschreckend ist, wie wenige Leute angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entgleisung das Maul aufmachen. Welches Theater schmeißt endlich die Zauberflöte aus dem Spielplan, um sich der Gegenwart zu widmen? Wie widerlich, wenn sich Politiker der "bürgerlichen Mitte" nach rechts anbiedern, wenn Politik-Amateure "nicht ganz rechts, nicht ganz links" schlichtgestricktem Rechtspopulismus eine Bühne geben.

Mir kommt das Kotzen, wenn die Meute "Wir sind das Volk!" brüllt und der Gewalt gegen Wehrlose Beifall klatscht. "Wir sind das Volk!" hatte seine Zeit, und die war gut. Wer das aber jetzt noch skandiert, gehört nicht in unsere Zeit.

Seid wenigstens ehrlich und brüllt "Wir sind das blöde Volk!",

wünscht sich Ihr Thomas Beier

Kommentare Lesermeinungen (1)
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Theater Zittau: Der obdachlose Mond

Von Monique am 20.02.2016 - 14:11Uhr
Es gibt Theater die sich mit aktuellen Themen beschäftigen. Das Theater Zittau hat "Der obdachlose Mond" von Christoph Klimke auf dem Spielplan.

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  • Quelle: red | Kommentar: Thomas Beier | Bildquelle: Benedikt Dyrlich
  • Erstellt am 20.02.2016 - 10:38Uhr | Zuletzt geändert am 20.02.2016 - 11:52Uhr
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