Sprecht über eure Gesundheit!

Sprecht über eure Gesundheit!Bautzen / Budyšin, 9. März 2022. Von Thomas Beier. Es gibt in Familien über Generationen hinweg ein Phänomen, über das im doppelten Sinne nicht gesprochen wird: Die Weitergabe von Gesundheits- und Krankheitserfahrungen. Was ist gemeint?

Abb.: Meist sind es die Frauen, die Erfahrungswissen rund um die Gesundheit, um Erkrankungen und Hausmittel weitergeben
Symbolfoto: Exergen Corporation, Pixabay License
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Eigene Krankheitserfahrungen mit Kindern und jungen Erwachsenen zu teilen ist besser, als sie zu verschweigen

Nicht gemeint sind die Mittel der Volksmedizin wie etwa kühlende oder wärmende Wickel oder Heilkräuter – dieses Wissen wird durchaus vererbt, wobei vermutlich die Frauen die entscheidende Rolle spielen. Ausschlaggebend mag dabei die Kinderbetreuung sein mit all den Wehwehchen des Alltags wie dem Durchbruch der ersten Zähne, dem Zahnwechsel, Bauchweh oder einem aufgeschlagenen Knie.

Es geht um etwas anderes: Das Verschweigen selbst erlebter gesundheitlicher Entwicklungen und eigener Erfahrungen mit Beschwerden und Erkrankungen. Oft betreffen die Einschränkungen in der Gesundheit die Älteren und genau die wollen ihren Kindern oder Enkeln nicht mit Krankheitsgeschichten und ihren gesundheitlichen Sorgen auf die Nerven gehen. Aber auch jüngere Leute schweigen lieber, wenn es mit der eigenen Gesundheit nicht so gut läuft: In der Leistungsgesellschaft gelten gesundheitliche Einschränkungen als Schwäche. Die – und sei es nur scheinbar – Gesunden, die stets optimistisch grinsend in die Welt blicken, werden bevorzugt.

Dabei tut es den nachfolgenden Generationen nicht gut, die Gesundheitserfahrungen ihrer Eltern und Großeltern nicht zu kennen. Relevant wird das oft erst dann, wenn niemand mehr da ist, den man fragen könnte. Wie hat sich der Diabetes des Großvaters entwickelt, woran genau ist die Großmutter gestorben? Gibt es eine Veranlagung für Schilddrüsen- oder beispielsweise Augenerkrankungen? Dieses Wissen kann helfen, persönliche Gesundheitsrisiken im Gespräch mit dem Arzt besser einzuschätzen und rechtzeitig Vorsorgeuntersuchungen – vielleicht eher als gewöhnlich angeraten – in Anspruch zu nehmen.

Die Geschichte vom schwerhörigen Opa

Überliefert werden hingegen Geschichten, die erst im Nachhinein als lustig empfunden werden, wie etwa die vom schwerhörigen Großvater, der aus Angst vor einem Hörgerät jahrelang den Besuch beim Ohrenarzt und erst recht beim Hörgeräteakustiker verweigerte. Als es dann irgendwann doch dazu kam, musste lediglich Ohrenschmalz entfernt werden… Fortan konnte er sich übrigens nicht mehr darauf berufen, seine Frau nicht gehört zu haben.

Dass mit zunehmendem Alter das Gehör nachlässt, ist völlig normal. Zuerst sind es die hohen Frequenzen, die nicht mehr wahrgenommen werden. Wenn der Junior von der Klangbrillanz seiner neuen Hifi-Anlage schwärmt, ist dem Senior hingegen die Basswiedergabe das wichtigste Kriterium. Ein Oberlausitzer Ohrenarzt tröstete einen älteren Herren über den Hörverlust der hohen Frequenzen mit den Worten: "Das ist die Gnade des Alters, sie hören Ihre Frau nicht mehr so intensiv!"

Tipps:


    • Spätestens dann, wenn man häufig das Gefühl hat, die anderen sprechen zu leise oder man vor Hintergrundgeräuschen andere nicht mehr versteht, ist es an der Zeit, beim Hörgeräteakustiker oder beim Ohrenarzt einen Hörtest durchführen zu lassen. Selbst wenn man sich mit Tricks durch den Alltag retten kann, etwa zu Ohr- oder Kopfhörern greift oder unwillkürlich beginnt, Sprache vom Mund abzulesen, ist die rechtzeitige Anpassung eines Hörgerätes enorm wichtig.

    • Nach einer Lärmexposition – etwa im Fußballstadion – erholt sich das Gehör nach landläufiger Meinung zwar wieder, doch neuere Forschungen verweisen auf einen Dauerschaden. Beim sogenannten "unbemerkten Hörverlust" sterben die Kontakte zu den Fasern des Hörnervs ab. Wer davon betroffen ist, kann zwar unter Umständen Töne und Geräusche noch gut hören, versteht aber Sprache schlechter.

Warum das Tragen eines Hörgeräts nicht hinausgeschoben werden sollte

Dazu muss man sich vergegenwärtigen, wie Hören funktioniert. Kurz und sehr einfach gesagt, werden Schalldruckwellen im Ohr in Signale umgewandelt, die vom Hörnerv transportiert und im Gehirn interpretiert werden. Mit zunehmender Schwerhörigkeit sinkt die Intensität dieser Signale, bis beim Gehirn nichts mehr ankommt. Folge: Das Gehirn verlernt das Hören, also die Interpretation der eingehenden Hörinformationen. Mit dem rechtzeitigen Einsatz eines Hörgerätes – bei modernen Geräten spricht man von einem Hörsystem – lässt sich das vermeiden. Zwar kann das Interpretationsvermögen des Gehirns unter Umständen wieder trainiert werden, doch das ist ein langer Prozess.
Wer versteht, dass ein rechtzeitig verwendetes Hörgerät für den möglichst guten Erhalt der Hörfähigkeit wichtig ist und bei wem die Verwendung angezeigt ist, der steht vor der Qual der Wahl: Die große Hörgeräte Auswahl verunsichert viele, immerhin sind auch die Preisunterschiede enorm. Grob gesagt lassen sich Geräte unterscheiden, die hinter dem Ohr angebracht werden und solche, die unauffällig im Ohr oder fast unsichtbar direkt im Gehörgang sitzen.

Während Jüngere ihre Auswahl gern nach Unauffälligkeit treffen, greifen Hochbetagte – so eine in der Familie weitergegebene Gesundheitserfahrung – gern zu den etwas handfesteren "Hörstöpseln", deren Elektronik hinter der Ohrmuschel verborgen wird. Für Ältere ist es oft einfacher, mit einem etwas größeren Gerät umzugehen, vor allem, wenn das Augenlicht nachlässt und die Hände vielleicht nicht mehr so flexibel sind.

Kinder zu gesundheitsbewusstem Verhalten erziehen

Kindern muss die Bedeutung einer gesunden Lebensführung erklärt werden, auch wenn sie die Zusammenhänge anfangs gar nicht erfassen können. Wohlmeinende elterliche Ratschläge "Hör die Musik nicht so laut!", "Iss Obst und Gemüse, das ist gesund!" oder "Putz dir die Zähne, sonst bekommst du ein Loch im Zahn!" bewirken kaum etwas, weil gerade Kinder im Grunde die damit im Zusammenhang stehenden Konsequenzen nicht zeitnah erleben, sondern erst dann, wenn es zu spät ist. Für die Verknüpfung langfristiger Ursache-Wirkung-Beziehungen ist das menschliche Gehirn nicht optimiert, es orientiert sich seit Jahrmillionen vielmehr am kurzfristigen Überleben – andersherum hätte es übrigens auch nicht funktioniert mit der Entwicklung der Menschheit.

Heute jedoch sind gerade junge Leute besser auf langfristige Zusammenhänge sensibilisiert als die Generationen zuvor. Deshalb ist es gegenüber Kindern besonders wichtig, rechtzeitig Zusammenhänge und Konsequenzen zu erklären und eigene Erfahrungen weiterzugeben, damit Verhaltensmotive entstehen. Mal drastisch: Wenn die Großmutter ihr Gebiss rausnimmt und erklärt, sie könnte ihre Zähne noch haben, wenn sie nicht immer viel zu gern und zu oft Süßigkeiten gefuttert hätte und der Opa dazu nickt: "Hätte ich mehr Sport gemacht und lieber Grünes als Süßes gegessen, brächte ich mir nicht zweimal am Tag die Diabetes-Spritze reinzudrücken", dann ist das zumindest ein kleiner Baustein, der zu einem nach und nach gesundheitsbewussterem Verhalten beitragen kann – und darum geht es schließlich.

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  • Quelle: Thomas Beier | Foto: Nederlands / ExergenCorporation, Pixabay License
  • Erstellt am 09.03.2022 - 13:02Uhr | Zuletzt geändert am 09.03.2022 - 17:22Uhr
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