Stadt Bautzen analysiert Fahrverkehr in der Seidau und zieht Konsequenzen
Bautzen / Budyšin, 24. November 2017. Fahren durch die Seidau zu viele Autos? Wird in der Seidauer Straße tatsächlich schneller gefahren als an anderen Stellen in Bautzen? Bieten die baulichen Gegebenheiten ausreichend Schutz für Anwohner und Fußgänger? Diese und ähnliche Fragen wurden in den vergangenen Wochen und Monaten gehäuft an die Stadtverwaltung herangetragen. Dort hat man sich nun ausführlich dem Thema gewidmet – mit erstaunlichen Ergebnissen.
Abbildung: Eine ruhige Fahrweise und sich an Tempolimits zu halten ist vor allem eine Frage der Angewohnheit. Man spart damit nicht nur Verschleiß und Sprit, sondern auch Stress und die Zusendung unerwünschter, kostenintensiver Fotografien.
"Die Stadt muss da mal was machen!"
Mit der Wahrnehmung des Straßenverkehrs vor der eigenen Haustür ist es immer so eine Sache. Zu schnell, zu laut, zu viel – wer kennt das nicht aus seinem eigenen Empfinden. Entsprechend bildet sich eine Erwartungshaltung an mehr Sicherheit heraus. Das ist bei weitem kein Seidau-Phänomen sondern tritt in allen Ortsteilen mehr oder weniger intensiv auf. Immer wieder wird "die Stadt" auf den Plan gerufen, werden Lösungen gefordert.
Um solche Erwartungshaltungen objektiv bewertbar zu machen und mit den Belangen des Straßenverkehrs allgemein in Übereinklang zu bringen, existieren Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien, an die sich die Mitarbeiter der Stadtverwaltung im Rahmen der Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde halten müssen. Die Probleme in der Seidau sind nicht neu und es hat auch nicht erst im Laufe dieses Jahres eine sehr intensive Befassung mit den Gegebenheiten und den rechtlichen Möglichkeiten gegeben.
Die Geschichte der Seidauer Straße
Einst galt sie als eine der wichtigsten Handelsrouten - die Via Regia. Hier zogen Händler aus nah und fern in die Stadt um auf den Märkten ihre Waren anzubieten. Sicherlich hat es auch schon vor vielen Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten auf der Hauptstraße des kleinen Dorfes Seidau die eine oder andere Engstelle gegeben. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Doch statt weniger Ein-PS-Fuhrwerke fahren heute viele moderne Pkw über die Seidauer Straße. Im Januar 1999, also vor dem Beginn des grundhaften Ausbaus, waren es täglich über 5.600 Fahrzeuge. Eine beachtliche Zahl und ein nicht hinnehmbarer Zustand.In acht Stufen erfolgte ein grundhafter Ausbau aller Verkehrswege in der Seidau mit entsprechenden baulichen Veränderungen. Fußgänger sollten sicherer unterwegs sein und die Attraktivität der Seidau als Alternativstrecke zur Friedensbrücke sollte ebenfalls sinken. Beides gelang. Die Verkehrszahlen sanken drastisch, haben sich inzwischen sogar mehr als halbiert. Dies gelang nicht zuletzt auch durch die verkehrsrechtliche Einschränkung "Anlieger frei". Im Oktober 2017, also nach Abschluss der aktuellen Bauarbeiten am Kreisverkehr Schlieben-/Dresdener/Clara-Zetkin-Straße, ergab eine mehrtägige Messung durchschnittlich 1.969 Fahrzeuge in 24 Stunden. Parallel sanken die Unfallzahlen.
Zufriedenstellend ist der Zustand allerdings so lange noch nicht, denn zulässige Höchstgeschwindigkeiten werden überschritten, Verkehrseinschränkungen ignoriert oder sogar die Fußwege zur Fahrbahn "umfunktioniert". Bei allen baulichen und rechtlichen Einschränkungen gibt es am Ende dann eben doch noch den unbelehrbaren Verkehrsteilnehmer.
Welche Möglichkeiten für mehr Sicherheit wurden geprüft?
Vorstellbar wäre eine fast autofreie Seidau, in der Fahrräder Vorfahrt haben. Allerdings rechtfertigen weder die Lage der Straße zum Alltags-Radverkehrsnetz der Stadt noch die Einbindung in das Fernradwegenetz die Einrichtung einer Fahrradstraße. Das Auto bleibt hier das Hauptverkehrsmittel, nicht zuletzt der Anwohner wegen. Daher wurde diese Idee schnell verworfen und über einen verkehrsberuhigten Bereich nachgedacht. Hier trifft das Gesetz klare Regelungen. Gemeinsame Begehungen von Polizei, Ordnungsamt sowie dem städtischen Hoch- und Tiefbauamt vor Ort ergaben, dass selbst partiell auf dem Ober- oder dem Fichteschulweg eine Einrichtung unmöglich ist. Eine dritte Überlegung war die Einrichtung einer Einbahnstraße. Theoretisch ließe sich so der Verkehr halbieren, Staus und Unfälle an Engstellen würden wahrscheinlich stark zurückgehen. Tatsächlich würde sich die Fahrgeschwindigkeit aber erheblich erhöhen, da kein Gegenverkehr mehr zu erwarten wäre. Zumindest in Fahrtrichtung würde die Seidauer Straße wieder als "Schleichweg" an Attraktivität gewinnen und die Anwohner müssten zudem zusätzliche Wege in Kauf nehmen.Eine weitere Idee fand den einen oder anderen Interessenten – die Unterbrechung des Durchgangsverkehrs durch absenkbare Poller. Gegenwärtig ist die Seidauer Straße aber grundsätzlich öffentlich. Ein Poller würde lediglich Anwohner und Rettungsdienste zur Durchfahrt legitimieren. Was aber ist mit Geschäftskunden, Besuchern, Dienstleistern? Formal bräuchte die Pollervariante zudem ein langwieriges straßenrechtliches Verfahren zur Aufhebung der Öffentlichkeit, was aus Sicht der Verwaltung keinesfalls gerechtfertigt ist.
Bleibt jetzt alles wie es ist?
Tonnage- und Geschwindigkeitsbeschränkungen bleiben bestehen, ebenso wie die Einschränkung "Anlieger frei". Wesentliche bauliche Veränderungen sind auch nicht geplant. Die Verwaltung hat sich aber dazu entschieden, an vier Stellen Schwellen auf dem Straßenbelag zu befestigen. Der Aufwand ist überschaubar. Bekannte Nebeneffekte, wie zunehmender Lärm durch Halte- und Anfahrvorgänge führten andernorts allerdings schon zum Rückbau solcher Maßnahmen – aber auch der wäre bei der vorgesehenen technischen Lösung relativ unaufwändig zu machen.An mehreren Gehwegen wurden bereits im Zuge des grundhaften Ausbaus Poller aufgestellt, um das Ausweichen über die Gehwege einzuschränken bzw. zu verhindern. Über die Jahre sind weitere ergänzt Poller ersetzt worden, umgefahrene wurden ersetzt. Der vorhandene Bestand soll jetzt um vier Poller erweitert werden. Die Installierung der Schwellen und der zusätzlichen Poller erfolgt möglichst noch 2017, je nach Witterung spätestens im ersten Halbjahr 2018.
Mehr ist aus Sicht der Verwaltung weder möglich noch gerechtfertigt. Täglich rollen weniger als 2.000 Fahrzeuge durch die Seidau, zwischen 22 und 6 Uhr wurden sogar nur 100 erfasst. Sicherlich wird die Strecke immer wieder und auch in Zukunft gern als "Schleichweg" genutzt. Da macht die Seidau zu anderen Ortsteilen keinen Unterschied. Appelliert werden kann aber an die Verkehrsteilnehmer, sich einerseits an Regeln zu halten, andererseits fair und respektvoll miteinander umzugehen.
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- Quelle: red | Foto im Auto: Free-Photos, pixabay, Lizenz CC0 Public Domain; Foto Friedensbrücke: © Bautzner Anzeiger
- Erstellt am 24.11.2017 - 17:52Uhr | Zuletzt geändert am 24.11.2017 - 18:15Uhr
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