Industrielle Veränderungsprozesse in der Region Bautzen am Beispiel der Mähdrescherwerke Singwitz

Industrielle Veränderungsprozesse in der Region Bautzen am Beispiel der Mähdrescherwerke Singwitz

Bautzen, 26. September 2023. Das Stadtmuseum Bautzen bietet von Zeit zu Zeit Führungen in der Dauerausstellung an, die sich der wirtschaftlichen Entwicklung Bautzens und seiner näheren Umgebung widmet. Im Mittelpunkt der Führung stehen industrielle Unternehmen in Bautzen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Jahre 1989. 

Modell Fortschritt E 524 im Einsatz

Foto: LutzBruno, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Wandel und Anpassungen im Maschinenbau von historischen Umbrüchen bis zur Digitalisierung

Wandel und Anpassungen im Maschinenbau von historischen Umbrüchen bis zur Digitalisierung

Fortschritt-Landmaschinen und Besucher auf der Leipziger Frühjahrs­messe 1988

Bautzen wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts von der Industriellen Revolution erfasst. In der Folgezeit entstanden u.a. in der Metallverarbeitung und im Maschinenbau industrielle Unternehmungen. Die Anbindung der Stadt an die Eisenbahn 1846 und die Einführung der Gewerbefreiheit in Sachsen 1862 begünstigten diese Entwicklung. Der Einsatz neuer Technik bewirkte eine zunehmende Arbeitsteilung und ein immenses Bevölkerungswachstum. Dieser Aufschwung der Industriebetriebe setzte sich bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 fort.


Danach litten viele Unternehmen unter den Auswirkungen der Inflation und der Weltwirtschaftskrise. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges richtete sich die Produktion vieler Firmen auf Kriegswirtschaft aus. Nach dem Ende des Krieges wurden im Zuge der an Siegermächte zu leistenden Reparationen auch in Bautzener Betrieben Produktionsanlagen abgebaut und in die ehemalige Sowjetunion gebracht. Noch vor der Gründung der DDR im Jahre 1949 fand eine erste Verstaatlichungswelle von Betrieben statt, welche sich bis in die 1970er Jahre fortsetzte. Ein weiterer gravierender Umbruch erfolgte nach der friedlichen Revolution 1989 mit dem Ende der DDR. Komplette Industriezweige brachen in den 90er Jahren weg, wurden durch politische Unkenntnis und starke wirtschaftliche Interessen westdeutscher Firmen abgewickelt oder mussten sich komplett neu orientieren.


Dies zeigt, dass es auch im regionalen Wirtschaftsgefüge und in ganzen Industriebereichen immer wieder zu tiefgreifenden Veränderungen kommt. Derzeit erfolgt dies mit einer massiven Welle der Automatisierung und Digitalisierung von Herstellungsprozessen. Komplexere Produktionsrobotik und eine nicht mehr menschliche, sondern digitalisierte Überwachung von Maschinen, z. B. durch ein Condition Monitoring System (Kontinuierliche Überwachung) stellen derzeit neue Grundlagen für den Erfolg im Maschinenbau her. Diese Überwachung von Maschinen, Anlagen und Prozessen hilft unter anderem, Fehler in den Produktionsprozessen zu vermeiden und entlastet menschliche Arbeitskräfte.


Ein anschauliches Beispiel für die ständigen Umbrüche im Maschinenbau bis in die heutige Zeit ist das ehemalige Mähdrescherwerk in Singwitz. Ursprung des Betriebes in Singwitz war die Landmaschinenfabrik Raussendorf, die 1856 bei Obergurig gegründet und 1928 nach Singwitz verlagert wurde. Dort wurden in den 1930er Jahren jährlich schon bis zu 1.000 Dreschmaschinen und 6.000 Strohpressen produziert. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Beteiligung an der Rüstungsproduktion eine Enteignung und Demontage des Betriebes zur Folge, aus den Resten entstand 1948 der VEB „Kombinus“ Dreschmaschinenbau.


Vom Kombinat zur Privatisierung: Die wechselvolle Geschichte der Mähdrescherproduktion in Singwitz und Bischofswerda


Durch die Kombinatsbildung in der DDR wurde der Standort Singwitz mit der Landmaschinenfabrik Bischofswerda vereint und ab den 1950er Jahren im Rahmen des Kombinates Fortschritt erweitert und profiliert. Weitere Betriebe in der Region wurden dem Kombinat zugeordnet, darunter auch eine Produktionsstätte in Neustadt/Sachsen. Mit der geforderten Spezialisierung der Landmaschinenherstellung in der DDR wurde Ende der 1950er Jahre die Mähdrescherfertigung nach Singwitz verlagert. In Bischofswerda wurden zunächst Strohpressen und Heuwerbemaschinen produziert, anschließend erfolgte die Produktion von kompletten Großbaugruppen wie Schneidwerken. Diese wurden für eine Endmontage nach Singwitz und Neustadt/Sachsen geliefert. Mit der starken Erweiterung der Mähdrescherproduktion um 1983 übernahm Bischofswerda von Singwitz auch die Finalproduktion von Großmähdreschern.


Im Rahmen des Kombinates Fortschritt waren die Betriebe in Singwitz und Bischofswerda bis zu Beginn der 1980er Jahre zwar eng verflochtene, ausschließliche Produktionsstätten. Bereiche wie die Entwicklungsabteilung oder der Vertrieb waren an anderen Standorten angesiedelt. Erst 1982 erfolgte die Zuordnung dieser für einen autonomen Betrieb notwendigen Funktionen, wenig später erfolgte der endgültige Zusammenschluss zum Mähdrescherwerk Bischofswerda/Singwitz. Dieses Unternehmen hatte Ende der 1980er Jahre einen Umsatz von fast 1,3 Mrd. DDR-Mark und etwa 6.900 Beschäftigte, davon allein 2.300 im Werk Singwitz.


Nach der Wende 1990 kam das Unternehmen als Mähdrescherwerke AG in Treuhandverwaltung. Nach mehreren Privatisierungsversuchen entstand schließlich 1995 in Singwitz die MDW Mähdrescherwerke GmbH, die die Entwicklung und Produktion von Mähdreschern fortsetzte. Alle übrigen Standorte wurden liquidiert. 1997 übernahm Case IH von der Mähdrescherwerke GmbH die Rechte am Mähdrescherprogramm. Eine besondere Innovation in diesem Jahr war der Mähdrescher Arcus 2500, der auf Agritechnica mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Eine Serienproduktion war durch die laufenden Übernahmeaktivitäten jedoch nicht realisierbar. Seit dieser Zeit und trotz vieler Rückschläge setzt die MDW GmbH als Bautzener Unternehmen die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Mähdreschern in Verbindung mit der 2004 gegründeten Hemas Hege Erntemaschinen Singwitz GmbH erfolgreich fort.


Quellen: Presseportal der Stadt Bautzen / Wikipedia

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  • Erstellt am 26.09.2023 - 11:44Uhr | Zuletzt geändert am 26.09.2023 - 12:42Uhr
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