Ordnung ist nicht jedermanns Sache – zum Glück!
Bautzen / Budyšín, 9. Juli 2021. Von Thomas Beier. Den Deutschen wird ein gewisser Hang zur Ordnung nachgesagt – nicht zu Unrecht. Allerdings ist dieser Ordnungshang durchaus mit Risiken verbunden. Ein Plädoyer für ein klein wenig Unordnung.
Warum Ordnung nicht der Maßstab aller Dinge ist
Ordnung – jedenfalls, was gemeinhin darunter verstanden wird – hat sehr viel mit Anpassung und Gewöhnung zu tun. Wer diesen Prozess einmal durchlaufen hat, erwartet dieses "Ordnung halten" und "sich einordnen" auch von anderen. In den späten Achtzigern wurden meine Karriereaussichten in einem Görlitzer Unternehmen abrupt beendet, weil ich keine "ordentliche Haltung" zur Partei der Arbeiterklasse, der SED, heute Linkspartei, einnehmen wollte: "Sie werden Ihr Leben lang nicht mehr hinterm Reißbrett vorkommen!" Wie man sich doch irren kann.
Schon dieses kleine Beispiel zeigt, dass man Ordnung getrost anzweifeln darf, ob nun die gottgewollte oder die staatliche. Dennoch spielt der Anspruch auf Ordnung im Alltag eine große Rolle, etwa wenn wieder einmal jemand sagt, man möge doch sein Grundstück ordentlich pflegen und damit meint, es durch kurzgehaltenen Rasen biologisch weitgehend abzutöten und diesen dann nach einigen Bewässerungsbemühungen schließlich doch noch von der Sommersonne verbrennen zu lassen. Um das zu vermeiden, legen manche dann Steingärten – die sogenannten "Gärten des Grauens" – an, in denen kein Unkraut, aber auch keine andere Pflanze mehr stört; auch der Igel hält sich fern.
Wo in der Gesellschaft einzieht, was manche als Ordnung empfinden, liegt Rangordnung auch im negativen Sinne nahe wie etwa bei sozialer Abwertung ganzer Gesellschaftsgruppen oder rassistischen Anschauungen. Ordnung kann also ausgesprochen unselig wirken, denkt man etwa an Unterordnung, kritiklose Einordnung in staatliche Vorgaben – Stichwort kontraproduktive Förderprogramme – oder bedingungslose Befehlsausführung. Andererseits bietet Ordnung Menschen Orientierung, dummerweise für schlichte Gemüter in der Demokratie weniger als in der Diktatur.
Kleidung als Symbol für Anpassung und Einordnung
Es ist genetisch verankert, ob jemand einen ausgeprägten Hand zur Ordnung entwickelt oder eben eher unfähig dazu ist. Sehr schön zeigt sich das beim Militär und in anderen uniformierten Organisationen, wo gut aufgehoben ist, wer es liebt, sich in klare Hierarchien – erkennbar an Schulterstücken, Kragenspiegeln und Ärmelstreifen – einzuordnen. Uniformen im übertragenen Sinne finden sich auch woanders, wo es organisationale Strukturen gibt, etwa im Krankenhaus: Der Pfleger, der im Chefarztkittel auftritt, könnte glatt als Hochstapler angesehen werden.In Wirtschaftsunternehmen hingegen wird oft unterschieden zwischen dem "blauen Bereich" – wo die Werker Blaumann tragen – und jenen, die etwa in den Büros in privater Alltagskleidung arbeiten, wobei die aussterbende Gattung der Schlipsträger wiederum eine Sonderrolle einnimmt. In Unternehmen unter asiatischer Führung ist zudem Betriebskleidung verbreitet, die sofort Rang und Zugehörigkeit zu einer Abteilung erkennen lässt. In der "DDR" hingegen wurde auf standesgemäße Kleidung manchmal kein Wert gelegt. Verbürgt ist, dass der legendäre Chef des Kombinates Carl-Zeiss-Jena, Prof. Dr. Dr. h.c. Biermann, einem ranghohen Mitarbeiter in einer Sitzung Geld in die Hand drückte, womit sich dieser sofort ein neues Hemd besorgen sollte.
In aller Regel werden sich Menschen in ihrem Äußeren jenen anpassen, mit denen sie Umgang haben; ausgesprochene Individualisten, die Eigenständigkeit und Distanzierung ausdrücken und vielleicht auch provozieren wollen, ausgenommen.
Ordnung braucht jeder, wenn auch nicht überall
Da der Mensch aber ein Tier ist, das ein wenig vernunftbegabt ist, kann er seinen persönlichen, ihm ureigensten Ordnungsanspruch relativieren. Damit ist gemeint, sich vor mehr oder weniger übertriebenen Ansprüchen an die Ordnungsauffassung anderer zurückzuhalten, andererseits höchstpersönlich Ordnung dort zu halten, wo es unabdingbar ist, etwa in der Buchhaltung eines Unternehmens. Überhaupt messen Unternehmen Sauberkeit und Ordnung als weichen Standortfaktoren auch in ihrem Umfeld hohe Bedeutung bei, wie der Bautzner Anzeiger im Jahr 2015 berichtete.Interessant ist, nebenbei bemerkt, dass Menschen, die Uniformen oder traditionelle bürgerliche Kleidung ablehnen, sich auf andere Weise unbewusst uniformieren, wie man gut anhand der "Generation Jeans" oder den nicht nur in der "DDR" unter Jugendlichen verbreiteten Jesuslatschen nachvollziehen kann.
Ordnung im Betrieb
Stichwort Unternehmen: Ein Unternehmen so zu organisieren, dass Ordnung herrscht, also etwa Unterlagen jederzeit schnell auffindbar sind, ist gar nicht so einfach – ganz egal, ob man versucht, ein Büro weitgehend papierlos zu organisieren oder Aktenordner und Hängeregistraturen füllt. Als Knackpunkt erweist sich immer wieder, die Ablage von Unterlagen zu organisieren, ob nun auf einer Festplatte oder in einem Aktenschrank. Es nützt nichts, wenn sich der jeweilige Sachbearbeiter in seinem Verantwortungsbereich auskennt, denn im Falle eines Falles müssen sich auch andere schnell orientieren können.Bei der Organisation der Ablage gibt es unterschiedliche Erfahrungen und man muss schauen, womit man am besten zurechtkommt. So kann man Papiere, die zu bearbeiten oder abzulegen sind, in Ablageschalen zwischenparken. Wichtig ist, die Ablageschalen betreffs ihres Inhaltes zu beschriften und die Papierstapel nicht zum Himmel hoch wachsen zu lassen. Am Ende des Arbeitstages oder einmal wöchentlich sollte dann die finale Ablage von Papieren erfolgen, die aufbewahrt werden müssen. Ebenso hilfreich ist es, nicht nur Aktenordner gut leserlich und eindeutig zu beschriften, sondern auch die Orte, an denen sich abgestellt werden.
Für vertrauliche Unterlagen empfiehlt sich noch immer der verschließbare Aktenschrank mit Sicherheitsklasse, wie sie von Versicherungen gefordert wird. Je nach Ausführung bieten solche Stahlschränke auch einen gewissen Feuerschutz. Ein klassischer Aktenschrank aus Metall ist noch immer der Standard in vielen Betrieben, ergänzt um Regale, die eine gute Raumausnutzung bieten. Gut beschriftete und vielleicht sogar farblich sortierte Ordner in einem Regal können einem Raum sogar einen repräsentativen Charakter geben, wenn der Datenschutz dadurch nicht gefährdet wird.
Aber man sollte Mitarbeiter nicht zwingen, jedes Blatt Papier sofort abzulegen. Zwar gilt der aufgeräumte Schreibtisch durchaus als Zeichen für einen effizienten Arbeitsstil, es gibt aber auch Menschen, bei denen das Prinzip "aus den Augen, aus dem Sinn" dominiert. Insbesondere, wer im kreativen Bereich arbeitet und neue Lösungen finden muss, braucht in vielen Fällen eine schöpferisches Umfeld, das andere schlichtweg als Unordnung bezeichnen würden.
Konsequenzen
Die eigene Einstellung zu dem, was gemeinhin Ordnung genannt wird, beeinflusst schon die Berufswahl: Eine OP-Schwester oder ein Augenoptiker, die am Arbeitsplatz keine Ordnung halten können, sind sicherlich undenkbar. Das andere Extrem ist der Kreativbereich, wo ein anregendes Umfeld bei manchen die Fantasie beflügelt, während allerdings andere auch hier Klarheit und eben Ordnung schätzen.Das wusste schon der Alte Fritz: Es muss halt jeder nach seiner Fasson glücklich werden.
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- Quelle: red | Foto: MichaelGaida / Michael Gaida, Pixabay License (Bild beschnitten)
- Erstellt am 09.07.2021 - 10:35Uhr | Zuletzt geändert am 09.07.2021 - 11:47Uhr
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