Notwendige Schritte zur Anmeldung eines Gewerbes
Bautzen / Budyšin, 11. November 2019. Die Gründerwelle im Osten, oft Kleingründungen, mit denen die Arbeitslosigkeit des Gründers beendet werden sollte, ist längst vorbei. In vielen Bereichen sind die Marktstrukturen so verfestigt, dass der "Einzelkämpfer", der sein Geschäft erst einmal ohne Angestellte aufbauen will, kaum eine Chance hat. Anstelle risikoarmer Kleingründungen ist heute in den Vordergrund gerückt, vom Tag der Gründung an über ein konkurrenzfähiges Leistungspotenzial zu verfügen.
Gründungsvorbereitungen braucht mehr als Formalitäten
Wer sich selbstständig machen will, muss von Anfang an die Weichen richtig stellen. Deshalb ist es nützlich, vor den ersten Schritten etwas Zeit und Grips zu investieren, um teure und eventuell nicht mehr korrigierbare Fehler zu vermeiden. Zu den Grundüberlegungen gehört, ob man sein Geschäft im Freien Beruf ausüben darf – so könnte man sich die Gewerbeanmeldung, die Mitgliedschaft in der IHK oder der Handwerkskammer und die Gewerbesteuer ersparen. Doch die Hürden für die Ausübung eines Freien Berufs sind hoch gelegt, abgesehen von bestimmten Berufen wie dem niedergelassenen Arzt, dem Rechtsanwalt und dem Notar, der Hebamme und dem Lotsen gibt es etliche Kriterien, die über die Freiberuflichkeit aus Sicht des Finanzamtes entscheiden. Das Finanzamt ist die Stelle, bei der der Freiberufler die Aufnahme seiner Tätigkeit anzeigen muss.
Bei jeder Gründung muss natürlich auch die Sozialversicherung informiert werden. Sehr sorgfältig muss überlegt werden, ob eine private Krankenversicherung abgeschlossen werden soll und wie man seine Altersvorsorge gestaltet. In beiden Bereichen gibt es keine Universallösung, stehts muss auf die persönliche Situation und auf die eigenen Lebensziele abgestellt werden, wenn es um Vermögensaufbau und Daseinsvorsorge geht. Außerdem sind unbedingt vor der Gründung oder vor Investitionen oder anderen unternehmerischen Maßnahmen mögliche Fördermittel, so zum Beispiel etwa Zuschüsse, zinsverbilligte oder teils haftungsbefreite Kredite sowie Entwicklungs- oder Vermarktungshilfen zu prüfen.
In den weitaus meisten Fällen beginnt die selbständige Tätigkeit, also das Wirtschaften auf eigene Rechnung und eigenes Risiko, mit einer Gewerbeanmeldung beim örtlichen Gewerbeamt. Die kostet je nach Kommune ungefähr zwischen 16 und 50 Euro. Zuvor aber sollte man sich auf jeden Fall schlaumachen, ob man denn überhaupt darf, was man vorhat. Viele Tätigkeiten, die man vielleicht seinen Kunden anbieten möchte, bedürfen unterschiedlicher Voraussetzungen. Bei handwerklichen Tätigkeiten ist es oft der Meisterbrief, andere Berufe wie das Bewachungsgewerbe erfordern eine besondere persönliche Zuverlässigkeit. Ansprechpartner, die dazu aus erster Hand beraten, sind die Industrie- und Handelskammern (IHK) und die Handwerkskammern (HWK), bei den Freien Berufen weitere Kammern und Verbände. Auch Genehmigungen und Fachkundeprüfungen können Voraussetzungen sein.
Falls es sich um eine handwerkliche Selbstständigkeit handelt, ist der Eintrag in die Handwerksrolle der Handwerkskammer nötig. Die Handwerksrolle kennt drei Anlagen: A für die Meisterbetriebe, B 1 für die zulassungsfreien Handwerke und B 2 für die handwerksähnlichen Gewerbe. Dieser Eintrag erfolgt nur, wenn alle Voraussetzungen dafür gegeben sind. Wenn dann endlich alle Voraussetzungen geklärt bzw. erfüllt sind, kommt es zur eigentlichen Gewerbeanmeldung. Beim Gewerbeamt müssen neben den persönlichen Ausweispapieren also gegebenenfalls Genehmigungen, Nachweise sowie der Handelsregisterauszug vorgelegt werden. Für Gründer, die aus dem Ausland stammen, ist unter Umständen zusätzlich eine Aufenthaltsgenehmigung notwendig und eine Bestätigung, dass die Ausübung des Gewerbes erlaubt ist.
Über die Gewerbeanmeldung informiert das Gerwerbeamt unter anderem das Finanzamt, das Gewerbezentralregister und IHK/HWK. Tipp: Beim Finanzamt kann man auch selbst den Fragebogen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit anfordern, um ggf. schneller sicher zu sein, welche Steuernummer man hat. Wer innerhalb der EU Geschäfte macht, benötigt außerdem eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.). Diese kann bei Neugründungen im erwähnten Fragebogen beim zuständigen Finnzamt beantragt werden, auch ist ein späterer Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern möglich.
Die Kopie der bestätigten Gewerbeanmeldung dient als Gewerbeschein, der als Nachweis der unternehmerischen Selbständigkeit beispielsweise für den Einkauf im Großmarkt gebraucht wird. Für Freiberufler stellt in aller Regel das Finanzamt eine entsprechende Bestätigung aus.
Das Wichtigste: die Zahlungsfähigkeit sichern
Wichtig ist die Wahl der passenden Rechtsform, also ob man als natürliche Person ein Unternehmen oder eine Gesellschaft gründen will oder sein Geschäft über eine juristische Person, beispielsweise als eingetragener Kaufmann oder als GmbH betreiben will. "Das hat nicht nur haftungsrechtliche, sondern neben dem Buchführungsaufwand vor allem auch steuerliche Konsequenzen", so der Hinweis von Thomas Beier, der als freiberuflicher Unternehmensberater in Sachsen hunderte Gründungsvorbereitungen und Unternehmen begleitet hat. So sei beispielsweise die grundsätzlich von der Rechtsform (und nach der Gründung auch vom Umsatz oder Gewinn sowie der Art des Betriebes) abhängige Einstufung als Soll- oder Istversteuerer gerade in der Gründungsphase oft entscheidend dafür, ob das Unternehmen immer "flüssig" ist. "Auf Dauer, aber nicht zu jedem Zeitpunkt, muss man Gewinn machen, liquide sein hingegen muss man immer und da ist es ziemlich egal, wo das Geld herkommt", wird Beier nicht müde, unternehmerischen Anfängern einzubläuen.Der Liquiditätssicherung kommt besonders – neben "brenzligen Zeiten" – in den Anfangsjahren Bedeutung zu, denn Start-ups geben meist auf, weil schlicht und einfach das Geld alle ist. Beier rät: "Anfangs nur dort investieren, wo das Geschäft möglichst schon gesichert ist." Seiner Erfahrung nach folgen Gründer jedoch immer wieder dem Irrglauben, wer viel investiere, habe dann auch viele Kunden. "Betriebliche Ausgaben anfangs möglichst nur dort machen, wo sich unmittelbar die geschäftliche Verwertbarkeit und die steuerliche Absetzbarkeit ergeben", so ein weiterer Rat. Hier kommen die sogenannten Geringwertigen Wirtschaftsgüter (GWG) ins Spiel. Viele Unternehmer profitieren außerdem vom Gewerbeleasing, bei dem – anstelle Investitionen mit der Abschreibung erst nach und nach steuerlich in Ansatz zu bringen – die Leasingraten als Kosten sofort steuersenkend wirken. Bei Kraftfahrzeugen kann man außerdem so seine Außendarstellung modern halten, um vor Kunden professionell und erfolgreich zu wirken. În vielen Fällen ist Leasing für Unternehmer Teil des ganzheitlichen Fuhrparkmanagements, mit dem Kosten reduziert werden und flexible Entscheidungsräume geschaffen werden sollen.
"Insgesamt sollte man die steuerliche Komponente seiner Ausgaben und Einnahmen regelmäßig mit seinem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten durchsprechen, um nicht in die Fallstricke von Detail- oder sich ändernden Regelungen zu geraten", rät Beier, der seit über 25 Jahren als Berater selbständig ist. Neben den steuerlichen Veränderungen mit Beginn einer selbständigen Tätigkeit und denen in der Sozialversicherung sollte man beachten, dass sich oft der Status von als Privatperson abgeschlossenen Versicherungen ändert, etwa, wenn ein Pkw oder Wohnraum nun beruflich genutzt wird.
Was ist bei der Standortwahl zu beachten?
Die Frage nach einem geeigneten Standort ist oft nicht einfach zu beantworten. Grundlegend zu betrachten ist, ob es Publikumsverkehr geben wird und ob man Öffnungszeiten benötigt oder nur nach Terminvereinbarung empfängt. Für manche Unternehmen ist es hilfreich, an vielbefahrenen Straßen gesehen zu werden, andere wiederum gehen dahin, wo ähnliche oder ergänzende Unternehmen bereits ansässig sind. "Im Einzelhandel geht Laufkundschaft gern dahin, wo Auswahl herrscht", meint Beier und illustriert: "Wenn es in einer Straße bereits zwei Blumenläden gibt, kann es nach Prüfung aller Umstände schlauer sein, dort den dritten zu eröffnen und nicht etwa in einer weit entfernten Lage."Stichwort Nachfragepotenzial: Für ein Geschäft mit Laufkundschaft sei es nicht nur wichtig, sich einen Überblick zu verschaffen, ob viele potenzielle Kunden in der Nähe wohnen, arbeiten und einkaufen, es muss laut Beier auch überlegt werden, wie viel Geld die Kunden ausgeben: "Wenn im Tante-Emma-Laden auf dem Dorf nur das gekauft wird, was bei Discounter vergessen wurde, dann geht das nicht lange gut." Die Wettbewerbssituation hingegen ist aus Beiers Sicht weniger wichtig. "Manche teilen die Zahl der potenziellen Kunden durch die Zahl der Anbieter und rechnen sich so aus, wie viele Kunden auf jeden der Anbieter entfallen", lächelt Beier, "das ist aber Unsinn: Jeder einzelne Kunde entscheidet, wo er kauft." Nach Beiers Worten sei es eher vorteilhaft, dort zu investieren, wo es viele, aber nicht sehr serviceorientierte Anbieter gebe: "Es ist doch viel einfacher, Kunden von sich zu überzeugen, wenn sie schon da sind und die gebotenen Leistungen kennen und nachfragen." Wettbewerb heiße doch, für bestimmte Kunden einfach nur ein Stückchen attraktiver als die Wettbewerber zu sein.
Je höher die Investitionskosten für einen Standort sind und je länger gegebenenfalls die Mietbindung ist, desto weiter muss man sein Geschäft in die Zukunft prognostizieren. Dass sich Rahmenbedingungen schnell ändern können, wurde in Neubaugebieten wie in Görlitz oder Weißwasser deutlich, als binnen kurzer Zeit nach den Mietern ganze Wohnblöcke auf immer verschwanden. Es muss also unbedingt geprüft werden, ob ein ins Auge gefasster Standort zukunftsrobust ist. Neben dem Umfeld wollen im Zusammenhang mit dem Standort und den Geschäftsräumen viele Detailfragen bedacht sein: Wie wichtig ist die Attraktivität der Betriebsstätte? Braucht man Warteräume? Wie sieht es aus mit Parkplätzen? Wie viel Betriebsfläche wird gebraucht, benötigt man eine Erweiterungsoption? Die Aufzählung ließe sich fortsetzen, nur allein auf die Mietkonditionen zu schauen, wäre nachlässig. Weitere Stichworte sind mögliche Auflagen für den Brandschutz, für die Umwelt oder die Versicherer verlangen höhere Standards im Einbruchsschutz.
Fazit
Wer ein Gewerbe anmelden will, muss – auch wenn sich nicht alles voraussehen lässt – vorher vieles bedenken. Neben der fachlichen Qualifikation und dem "Papierkram" geht es um Rechtsfragen, Steuerfragen, Betriebswirtschaft, die Analyse von Chancen und Risiken, Mitarbeiterführung, Verhandlungsgeschick und nicht zuletzt um eine Strategie, die hilft, die stets begrenzten Kräfte immer wieder am wirkungsvollsten Punkt zu konzentrieren.-
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- Quelle: red | Fotos: © Bautzner Anzeiger
- Erstellt am 11.11.2019 - 16:03Uhr | Zuletzt geändert am 18.03.2022 - 13:17Uhr
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