37. Internationales Fest der sorbischen Poesie 2015

37. Internationales Fest der sorbischen Poesie 2015 Bautzen / Budyšin | Berlin / Barlin | Dresden / Drježdźany | Ostro / Wotrow | Radibor / Radwor, 15. Juni 2015. Das 37. Internationale Fest der sorbischen Poesie 2015 ist dem sorbischen Dichter, Dramatiker und Publizisten und Priester Józef Nowak gewidmet, der vor 120 Jahren in Ostro, das heute zur Gemeinde Panschwitz-Kuckau / Pancicy-Kukow im Landkreis Bautzen / Wokrjes Budyšin gehört, als Sohn eines Bauern geboren wurde. Gestorben ist Nowak 1978 in Radibor bei Bautzen.

Abb.: Zum ersten Mal nimmt am sorbischen Poesiefest der ukrainische Dichter, Publizist und Übersetzer Serhij Dziuba teil. Der 1964 in Pyriatin (Пирятин) im Bezirk Poltawa (Полтава) geborene Schrifsteller ist Präsident der Internationalen Akademie der Literatur und Kunst der Ukraine und des Journalistenvereins in Tschernihiw (Чернігів) und Verfasser von fast 50 Büchern. Das Poesiefest in der Lausitz, in Dresden und Berlin werden in diesem Jahr Autoren und Nachdichter der ober- und niedersorbischen, deutschen, russischen, ukrainischen, serbischen, arabischen slowenischen, tschechischen, slowakischen und polnischen Literatur gestalten
Foto: © Sorbischer Künstlerbund e.V.
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In Erinnerung an Józef Nowak Lesungen in zehn Sprachen

Mit Lesungen und Konzerten – hauptsächlich am letzten Wochenende im Juni 2015 – sollen Werk und Wirken des bedeutenden Sorben vor allem auch der Jugend sowie der sorbischen, deutschen, polnischen und tschechischen Öffentlichkeit im Dreiländereck sowie in Dresden und Berlin nahegebracht werden. Mit dem Fest soll zudem neue sorbische Poesie gefördert werden, junge Autoren und Musiker genauso wie Nachdichtungen sorbischer Poesie in die deutsche und slawische Sprachen (und umgekehrt). Wichtige Partner für das weitgehnd ehrenamtlich organisierte Fest sind u.a. die Stiftung für das sorbische Volk, das PEN-Zentrum Deutschland, die Europäische Bewegung Sachsen e. V., das Literaturhaus in der Villa Augustin in Dresden sowie die Kirchgemeinden in Ostro und Radibor, Landkreis Bautzen, in denen Nowak geboren bzw. hauptsächlich gewirkt hatte. Unterstützt wird das Fest zudem durch die Städte Bautzen, Kamenz, die Gemeinde Nebelschütz sowie durch Firmen und etliche Sponsoren.

Józef Nowak besuchte u.a. das Gymnasium in Bautzen sowie in Reichenberg (Liberec) und Duppau (Doupov), war Zögling des Wendischen Seminars und des deutschen Gymnasiums in Prag (Praha), wo er auch Theologie studierte (Abschluss in Paderborn).

Nowak war als Geistlicher in mehreren Kirchgemeinden der Lausitz tätig – in Crostwitz / Chrósćicy, Zittau / Žitawa, Bautzen und Radibor, von wo er 1940 – wie andere sorbische Lehrer und Geistliche – aufgrund einer Forderung der Nazis vertrieben worden ist. Nach der gewaltsamen Versetzung und Degradierung vom Pfarrer in Radibor zum Kaplan an der Dresdner Hofkirche wirkte er dort von 1941 bis 1945. 1944 saß er mehrere Wochen in Dresden in der Untersuchungshaft, da er sich nicht der Ideologie des herrschenden Regimes unterordnen wollte. In diesem Sinne begrüßte Nowak im Jahre 1945 auch die Niederschlagung des deutschen Nationalsozialismus in dem eindrucksvollen Gedicht “Befreit 1945”.

Ein "nationaler Pessimist"

In der "DDR" wurde Nowak wieder politisch angegriffen sowie literarisch und publizistisch von den SED-Machthabern ausgegrenzt, weil er sich nicht der herrschenden Politik und Ideologie (auch in der dann SED-geprägten Domowina) unterworfen hat. Wegen seines öffentlich geäußerten Überzeugung, dass “das Herz des sorbischen Volkes die Familie ist” (und nicht die staatlich gelenkten Institutionen) wurde er 1957 auf dem 4. Bundeskongress der Domowina von sorbischen und deutschen Spitzenfunktionären der SED als “Nationalist” und “nationaler Pessimist” verunglimpft.

Nowak, dem bereits 1988 ein internationales sorbisches Poesiefest gewidmet war, debütierte 1910 in der sorbischen Zeitschrift “Łužica” mit einem Nachruf auf Jakub Bart-Ćišinski, in dessen jungsorbischen Tradition er sich selbst mit einer expressiven Sprachdynamik in Gedichten und Essays zu artikulieren versuchte. In seiner Gedichtsammlung “Z duchom swobody” (Mit dem Geist der Freiheit, 1919) artikulierte er die Aufbruchstimmung der sorbischen intellektuellen Jugend um 1918/19.

Mit erweiterten Neuauflagen dieser Sammlung bekundete Nowak auch unter schwierigen Bedingungen der "DDR"-Kulturpolitik seine Liebe zur sorbischen Sprache, zur Unabhängigkeit und Freiheitsstreben des Volkes der Sorben in Vergangenheit und Gegenwart. Beständig mahnte Nowak in seinen Gedichten und Texten zum eigenen Denken, half er der sorbischen Poesie des 20. Jahrhunderts Grenzen der Provinzionalität zu überwinden, was ihm in etlichen Texten gelungen ist.

Seine Gedichte wurden ins Deutsche, Tschechische, Slowakische und Polnische übertragen. Während des Festes wird ein Gedicht von Nowak auch auf Russisch, Ukrainisch, Serbisch, Slowenisch und Arabisch zu hören sein.

Nowaks Gedichte sind veröffentlicht worden in mehreren repräsentativen Sammlungen und Anthologien sorbischer Poesie im In- und Ausland, u.a. in der in Heidelberg von Kito Lorenc herausgegebenen Sammlung “Das Meer Die Insel Das Schiff”, erschienen bei Wunderhorn im Jahr 2004.

Öffnung der sorbischen Literatur und Kultur

Mit dem 37. Poesiefest soll daher auch wieder die Öffnung der sorbischen Literatur und Kultur zu den engeren und weiteren Nachbarn zum Ausdruck kommen. Deshalb wird auch eine Gruppe angehender Studenten der Germanistik und Slawistik der Schlesischen Universität (Uniwersytet Śląski) Kattowitz/Sosnowitz (Katowice/Sosnowiec) mehrere Veranstaltungen des seit 1979 jährlich stattfindenden Poesiefestes in der Lausitz besuchen. Die jungen Polen haben sich mit Unterstützung des Sorbischen Künstlerbundes e.V. und der Europäischen Bewegung Sachsen e.V. in einem einjährigen Projekt bereits umfangreiche Kenntnisse über Sachsen und die Sorben erworben.

Junge Autoren und Musiker dabei

Zudem wollen wir auch in diesem Jahr mit dem Fest und mit Unterstützung des PEN-Zentrums Deutschlands unsere Solidarität mit verfolgten Schriftstellern bekunden. Und es werden junge Autoren und Musiker, darunter die bekannte sorbische Band DeuzyDoxs, in die vielen Kurzlesungen in zehn Sprachen einbezogen. Dabei werden alle Wortbeiträge sorbisch und deutsch zu hören sein.

Ein Neuigkeit in diesem Jahr wird sein, dass in einer Lesung an das Wirken von Józef Nowak und weiterer sorbischer Dichter und Künstler in der sächsischen Landeshauptstadt erinnert wird. In einer Veranstaltung im Literaturhaus Villa Augustin werden sorbische und deutsche Autoren aus Sachsen und Brandenburg sowie aus Tschechien, Polen, der Ukraine, Syrien und Serbien auftreten. Domkapitular Šćěpan Delan aus Radibor wird die Kurzlesungen mit einer kleinen Vorlesung über das Wirken sorbischer Geistlicher an der Dresdner Hofkirche im 20. Jahrhundert einleiten.

Ausgerichtet wird das Fest vom Sorbischen Künstlerbund / Zwjazk serbskich wuměłcow / Zwězk serbskich wuměłcow.

Programm

Änderungen vorbehalten / Změny móžne.

    • Donnerstag, 25. Junji 2015, 19 Uhr,
      Villa Augustin in Dresden, Antonstraße 1:
      Mit Poesie in der sächsischen Metropole
      Kurzvortrag über das Wirken von Józef Nowak in Dresden und Kurzlesungen in mehreren Sprachen mit sorbischen, Dresdnern und ausländischen Autoren.
      Mitwirkende u.a. Abdelwahhab Azzawi (Damaskus/Dresden), Benno Budar (Horni Hajnk), Mićo Cvijetić (Beograd), Domkapitular Šćěpan Delan (Radibor), Benedikt Dyrlich (Bautzen), Peter Gehrisch (Dresden), Tanja und Sergej Dziuba (Ukraine), Dieter Kalka (Leipzig) und Norbert Weiß (Dresden).
      In Kooperation mit dem Literaturhaus – Villa Augustin in Dresden.

    • Freitag, 26. Juni 2015, vormittags:
      Lesungen und Begegnungen in Bildungseinrichtungen
      mit in- und ausländischen Dichtern
      • 09.35 Uhr, Sorbisches Gymnasium, Friedrich-List-Straße 8, Bautzen:
        Mitwirkende u.a.: Tatjana Dziuba (Ukraine), Mićo Cvijetić (Beograd), Igor Rems (Köln), Dorothea Šołćina, Tomasz Nawka (beide Bautzen) und Ladislav Volko (Bratislava)
      • 09.35 Uhr, Sorbisches Gymnasium, Friedrich-List-Straße 8, Bautzen:
        Mitwirkende u.a.: Sergej Dziuba (Ukraine), Dieter Kalka, Jurij Koch (Cottbus), Maximilian Nawka (München), Ljubiša Simić (Frankfurt am Main) und Alfons Wićaz (Lausitz)
      • 9.45 Uhr, St. Benno-Gymnasium, Pillnitzer Straße 39, Dresden:
        Mitwirkende u.a: Abdelwahhab Azzawi (Syrien/Dresden), Benedikt Dyrlich (Bautzen), Benjamin Nawka (Ingolstadt), Christine Ruby (Dresden), Měrćin Wjeńk (Dresden), Jurij Wuschansky (Bautzen)

    • Freitag, 26. Juni 2015, ab 18 Uhr
      Alte Wasserkunst, Wendischer Kirchhof 2, 02625 Bautzen:
      Bautzener Poesienacht
      Kurzlesungen und Gespräche, umrahmt mit Musik, unter den Türmen der Alten Wasserkunst und der Michaeliskirche.
      Mitwirkende u.a.: Abedelwahhab Azzawi (Damaskus/Dresden), Benno Budar (Horni Hajnk), Róža Domašcyna (Bautzen), Dmitri Dragilew (Berlin), Peter Huckauf (Berlin), Annamaria Hadankec (Lausitz), Milan Hrabal (Tschechien), Lenka (Cottbus), Benjamin Nawka (Ingolstadt), Maksymilian Nawka (München), Ljubiša Simić (Frankfurt am Main), Band DeuzyDoxs(Lausitz)

    • Sonnabend, 27. Juni 2015, von 13 bis 20 Uhr,
      Abfahrt und Ankunft vor dem Hotel Best Western, Wendischer Graben 20, 02625 Bautzen:
      Auf den Spuren von Józef Nowak – Exkursion und Kurzlesungen an Orten sorbischer Poesie
      Orte der Ausfahrt und der Lesungen sind u.a.:
      • 14 Uhr, Ostro bei Kamenz:
        Pfarrkirche, gesangliche Umrahmung: Schola der Ostroer Pfarrgemeinde
      • 18 Uhr, Radibor bei Bautzen:
        Alte Kirche, gesangliche Umrahmung: Marhata Korjeńkowa
        Mitwirkende u.a. Benno Budar (Horni Hajnk), Sergej und Tatjana Dziuba (Ukraine), Christiane Grosz (Berlin), Marko Rab (Panschwitz-Kuckau), IIgor Rems (Köln) und Ladislav Volko (Bratislava)

    • Sonntag, 28. Juni 2015, 15 Uhr,
      Sorbisches Museum, Ortenburg 3, 02625 Bautzen:
      Satkula oder die Wa(h)re Landschaft
      Finale einer Ausstellung der Werke von Karl Vouk, Lesung und Gespräch mit Dichtern und Künstlern aus mehreren Ländern.
      Mitwirkende u.a: Róža Domašcyna (Bautzen), Sergej Dziuba (Ukraine), Marion Kwicojc (Leipzig), Dorothea Šołćina (Bautzen), Ljubiša Simić (Frankfurt am Main) und Karl Vouk (Klagenfurt).
      In Kooperation mit dem Sorbischen Museum in Bautzen.

    • Montag, 29. Juni 2015, 19 Uhr,
      Reisebüro Global, Immanuelkirchstraße 29/1, 10405 Berlin:
      Die Befreiten 1945
      Gespräch und Kurzlesungen in mehreren Sprachen in Erinnerung an ein Gedicht von Józef Nowak.
      Mitwirkende: Dmitri Dragilew (Berlin), Mićo Cvijetić (Beograd), Benedikt Dyrlich (Bautzen), Peter Huckauf (Berlin), Madlena Norberg (Cottbus)

    Mitwirkende
    Änderungen vorbehalten / Změny móžne.
    • Abdelwahabb Azzawi (Syrien/Dresden)
    • Monika Blidy (Polen/Katowice)
    • Benno Budar (Lausitz)
    • Mićo Cvijetic (Serbien/Beograd)
    • Šćěpan Delan (Lausitz)
    • Róža Domašcyna (Lausitz)
    • DeuzyDoxs (Lausitz)
    • Dmitri Dragilew (Berlin)
    • Benedikt Dyrlich (Lausitz)
    • Serhij Dziuba (Ukraine/Tschernihiw)
    • Tetiana Dziuba (Ukraine/Tschernihiw)
    • Peter Gehrisch (Dresden)
    • Christiane Grosz (Berlin)
    • Annamaria Hadankec (Lausitz)
    • Milan Hrabal (Tschechien/Varnsdorf)
    • Peter Huckauf (Berlin)
    • Dieter Kalka (Leipzig)
    • Marion Kwicojc (Leipzig)
    • Jurij Koch (Lausitz)
    • Marhata Koreng (Lausitz)
    • Lenka (Lausitz)
    • Benjamin Nawka (Ingolstadt)
    • Maksymilian Nawka (München)
    • Tomasz Nawka (Lausitz)
    • Madlena Norbergowa (Lausitz)
    • Marko Rab (Panschwitz-Kuckau)
    • Igor Rems (Köln)
    • Christine Ruby (Dresden)
    • Schola der Pfarrgemeinde Ostro (Lausitz)
    • Ljubiša Simić (Frankfurt am Main)
    • Dorothea Šołćina (Lausitz)
    • Karl Vouk (Österreich/Klagenfurt)
    • Norbert Weiss (Dresden)
    • Alfons Wićaz (Lausitz)
    • Měrćin Wjenk (Dresden)
    • Jurij Łušćanski (Lausitz)
    • Ladislav Volko (Slowakei/Bratislawa)

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  • Quelle: red | Foto: © Sorbischer Künstlerbund e.V.
  • Erstellt am 15.06.2015 - 07:50Uhr | Zuletzt geändert am 30.06.2022 - 16:14Uhr
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