Bautzen und seine Bäume

Bautzen / Budyšín, 24. November 2021. Alterung und Trockenheit machen dem Bautzener Stadtwald ganz erheblich zu schaffen. Die notwendigen Folgemaßnahmen hat die Stadtverwaltung nun erläutert. Die Weihnachtsbäume hingegen profitieren von der vierten Welle der Coronapandemie. Der Bautzner Anzeiger erklärt, warum.

Aus der Traum vom Weihnachtsbaum

Was die Weihnachtsbäume aus den beiden stadteigenen Bautzener Weihnachtsbaumplantagen betrifft, ist die Erklärung kurz: Der Aufwand für den Verkauf wäre angesichts der zu erfüllenden Hygieneanforderungen so hoch, dass die Stadtverwaltung im Jahr 2021 daruf verzichtet. Den eigentlichen Verzicht auf einen Weihnachtsbaum aus der Heimatstadt müssen jedoch die Bautzener üben – was allerdings vernünftig ist. Das zeigen die Vorjahre: Der Möglichkeit, sich einen Baum auszusuchen und frisch fällen zu lassen führte in den Vorjahren zu großem Andrang, der in diesem Jahr angesichts der hohen Infektionszahlen ein zu hohes Risiko darstellen würde.

Wie fast alles Schlechte hat der auch der abgesagte Weihnachtsbaumeinschlag auf den beiden Weihnachtsbaumplantagen seine guten Seiten. Dazu gehört, dass sich der Wald nach den regenarmen Sommern, die vor allem die Jahre 2018 bis 2020 betrafen, weiter erholen kann. Vielleicht wird dann der original Bautzener Weihnachtsbaum zur Weihnachtszeit 20223 besonders schön?

Baumfällungen am Ortenburghang und im Stadtwald unvermeidbar

Eine ganze Reihe von Faktoren hat dazu beigetragen, dass das Bautzener Stadtgrün als erschöpft gilt. Das ist ein Beispiel dafür, dass Konzepte zwar wichtig sind, die Natur sich aber nicht nach diesen richtet, auch wenn sie noch so umfassend und hervorragend entwickelt wurden wie das Grün- und Freiraumkonzept der Stadt Bautzen vom Februar2020. Gefragt sind immer wieder Maßnahmen, mit denen die Natur unterstützt wird.

Wer im heutigen Ostdeutschland aufgewachsen ist, kennt das 1952 für den DEFA-Film "Blaue Wimpel im Sommerwind" geschriebene "Lied der jungen Naturforscher", das zu einem der wirklich beliebten Lieder unter den Pionieren, einer politischen Massenorganisation, der die allermeisten Schulkinder im Alter bis zu 13 oder 14 Jahren angehörten. Der Text spiegelt allerdings stellenweise einen Zeitgeist wieder, der heute zum Glück überwunden ist. Besonders zwei Stellen sind es, die im Text von Manfred Streubel auffallen: "Und reichlich ernten werden wir, wo heut noch Sumpf und Sand" wie auch "Und werden wir erst wissend sein, fügt sich uns die Natur" verdeutlichen den Anspruch des Menschen, sich die Natur Untertan zu machen. Ein großer Irrtum! Heute werden Anstrengungen unternommen, um menschliche Eingriffe in die Natur wieder auszugleichen, etwa durch die Renaturierung von Torfgebieten oder Flussläufen.

Die Situation im Stadtwald Bautzen

Der erheblich geschädigte Bautzener Stadtwald zeigt sich heute so:

• Der Baumbestand im Stadtgebiet Bautzen ist überaltert, im Jahr 2019 waren 28,3 Hektar der Waldfläche mit Bäumen bewachsen, die schon damals 120 Jahre und älter waren.
• Die Trockenphasen in den letzten Jahren haben ein großes Defizit an Wasser bis in tiefere Bodenschichten herbeigeführt. Folge sind absterbende Wurzeln und Äste in den Baukronen.
• Die Gefahr, dass Äste wegen der Trockenheit spontan herunterbrechen, steigt, ebenso nimmt die Standfestigkeit der Bäume ab, weil sich die Wurzeln zurückbilden.
• Weil die Feinwurzeln absterben, können die Bäume noch weniger Wasser aufnehmen – dabei würden sie mehr Wasser benötigen, weil der häufigere Sonnenschein mehr Wasser der Bäume verdunsten lässt.
• Generell führt die zurückgehende Wasserversorgung dazu, dass das Baumholz spröde wird, also eher bricht.

Als Fazit kann man sagen, dass einerseits der Schädigungsgrad der Altbäume sehr hoch ist und andererseits jedoch die Regenerationsfähigkeit der Bäume deutlich eingeschränkt ist.

Allerdings sollen Bäume nur dann gefällt werden, wenn es nicht mehr anders geht, haben sie doch wichtige Funktionen im Wald:

• Altbäume sind wichtige Kohlendioxidspeicher – das ist eine Aufgabe, die jüngere Bäume nur in deutlich geringerem Ausmaß erfüllen können.
• Zugleich sind diese Bäume ein bedeutsamer Lebensraum für eine Vielzahl von Vögeln, Insekten und etwa Fledermäusen.

Viele Schutzausweisungen unterstreichen des Wert des Baumbestandes, so etwa als Flora-Fauna-Habitatgebiete, die unter Schutz Stellung höhlenreicher Altbäume, der Horstschutz, als Biotopbäume nnd weiteres mehr. Deshalb ist die Kronenpflege vor einer denkbaren Fällung das letzte Mittel, um etwa die Verkehrssicherung herzustellen. Wenn Schutzverordnungen vorliegen, erfolgt eine Absprache mit Naturschutzverwaltung. Der Holzeinschlag ist übers gesamte Jahr hin möglich, bestimmt das Sächsische Waldgesetz.

Am Hang der Ortenburg müssen viele Bäume fallen

Eine aktuellen Gehölzkontrolle entlang der Ortenburg brachte die Gewissheit: Viele der Bäume unterhalb der Burg – rund 30 an der Zahl – müssen gefällt werden. Als Grund dafür wird die Verkehrssicherungspflicht genannt.

Die Schwäche der Bäume ist Folge ihres Alters. Zudem legen die Standorte auf felsigem Untergrund, der den Wassermangel in den letzten Jahren verstärkt hat. gefälltwerden soll vor allem zwischen dem Burgwasserturm und der Mühlbastei sowie zwischen der Mühlbastei und dem Wendischen Kirchhof. Zugleich sollen in dieser Zeit umfangreiche Pflegearbeiten – sprich der Baumverschnitt – am verbleibenden Baumbestand ausgeführt werden.

Für die Fällarbeiten, die noch in diesem Jahr beginnen und bis spätestens mit dem Februar 2022 abgeschlossen sein sollen, liegt eine denkmalrechtliche Genehmigung vor. Naturschutzrechtliche Ersatzpflanzungen von mehr als 40 Bäumen sollen beauftragt und zur Hälfte im kommenden Jahr – und dann in Folge weiter – realisiert werden.