Trauung durch den Oberbürgermeister?
Bautzen / Budyšín, 25. Oktober 2021. In vielen sächsischen Städten und Gemeinden wie etwa in Dresden und in Bischofswerda ist es Alltag, dass der Oberbürgermeister als höchster Repräsentant der Stadt auch Eheschließungen durchführt. In Bautzen will das der Stadtrat verhindern.
Stadträte wollen dem Oberbürgermeister die Arbeit vorschreiben
Eheschließungen dürfen Bürgermeister dann vornehmen, wenn sie eine kurze Zusatzausbildung absolviert haben. Diese Ausbildung hat auch der Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens genossen, weil einige Bautzner Paare gern von ihm getraut werden möchten.
Aber das Projekt liegt auf Eis: In der Stadtratssitzung vom 13. Oktober 2021 stimmte die Mehrheit der Stadträte gegen die Erhebung des Oberbürgermeisters zum Standesbeamten. Daraufhin legte der Oberbürgermeister gemäß § 52 Abs. 2 der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) Widerspruch gegen diese Entscheidung ein.
Was sagt die Sächsische Gemeindeordnung?
Die Sächsische Gemeindeordnung regelt unter anderem, dass der Oberbürgermeister dazu verpflichtet ist, einen Widerspruch gegen Entscheidungen des Stadtrates einzulegen, wenn diese nach seiner Auffassung rechtswidrig sind.Außerdem kann er widersprechen, wenn ein Beschluss seiner Auffassung nach mit Nachteilen für die Kommune verbunden ist. sind. Wenn der Oberbürgermeister seinen Widerspruch einlegt, muss innerhalb von vier Wochen eine erneute Sitzung des Stadtrates einberufen werden. Da die Oktober-Stadtratssitzung wegen der Gerien bereits frühzeitig im Oktober stattfand, dauert es bis zum regulären November-Termin jedoch länger als vier Wochen. Deshalb muss Oberbürgermeister Ahrens nun eine außerordentliche Sitzung ansetzen – einen Spielraum lässt das Gesetz hier nicht.
Aus gutem Grund
Die Gründe für den von Oberbürgermeister Ahrens eingelegten Widerspruch sind: Der Stadtratsbeschluss greife in unzulässiger Weise in die innere Organisation der Stadtverwaltung ein und verstoße somit gegen den § 53 Abs. 1 SächsGemO.So verwehren die Stadträte mit ihrem Beschluss dem Oberbürgermeister, die Standesbeamtinnen gelegentlich – insbesondere an Freitagnachmittagen und an den Wochenenden – zu entlasten, obgleich er die Qualifikation für diese Tätigkeit erworben hat. Das bedeutet: Der Stadtrat versucht mit seinem Beschluss zu regeln, welche Arbeiten der Oberbürgermeister im Detail vorzunehmen bzw. zu unterlassen hat. Für solche Festlegungen sein der Stadtrat jedoch gar nicht zuständig, daher ist seine Entscheidung aus Sicht des Oberbürgermeisters rechtswidrig.
Der Oberbürgermeister hat die Qualifikation gemäß § 1 Absatz 3 Satz 3 der Sächsischen Personenstandsverordnung nachweislich erfüllt. Bei der Diskussion im Stadtrat ging es aber ausschließlich um die Frage, wie der Oberbürgermeister dem subjektiven Empfinden der Räte zufolge seine Arbeitszeit einzuteilen habe. Dies begründe nicht nur den angeführten unzulässigen Eingriff in die Organisationsfreiheit des Oberbürgermeisters, sondern darin sei auch eine fehlerhafte Ermessensausübung zu sehen. Mehr noch: Es liege auch, wie die Bautzener Stadtverwaltung mitteilt, ein Verstoß gegen Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz vor, da der Beschluss in die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit eingreife und somit zu einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis führen würde.
Der Oberbürgermeister der Stadt ist laut Sächsischer Gemeindeordnung Vorsitzender des Stadtrates und somit Teil jenes Gremiums. Auch deshalb ist es seine Pflicht, gegen Entscheidungen vorzugehen, die nach seiner persönlichen Auffassung rechtswidrig oder falsch sind. Der Oberbürgermeister setze auch weiterhin auf eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Fraktionen im Bautzener Stadtrat, allerdings müsse er nach seinem Gewissen auch das geltende Recht umsetzen und auf Fehlverhalten hinweisen.
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- Quelle: red | Foto: Oldiefan / Christiane , Pixabay License
- Erstellt am 25.10.2021 - 11:26Uhr | Zuletzt geändert am 27.12.2021 - 03:49Uhr
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