Eine ungekrönte Königin der Alltagsgegenstände in der DDR
Bautzen / Budyšin, 13. Juli 2023. Als Gestalterin von Alltagsgegenständen, die jeder Ostdeutsche in der Hand gehabt hat, verdient Margarete Jahny einen besonderen Platz in der Designgeschichte. Trotz ihrer zurückhaltenden Persönlichkeit hinterlässt sie einen unauslöschlichen Stempel auf der Kultur der DDR und dient als Vorbild für nachhaltige Produktgestaltung.
Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass quasi fast jeder in der DDR mit Margarete Jahnys Töpfen, Tellern und Näpfen zu tun hatte. Die wenigsten kennen jedoch den Namen der Gestalterin dahinter. Denn Jahnys Interesse galt weniger dem spektakulären Einzelstück, um selbst im Vordergrund zu stehen, sondern mehr der Gestaltung von Alltagsgegenständen, die den Bedürfnissen vieler entsprechen.
Vom eigentlichen, klassischen Design hin zum "Volksdesign"
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Vom Landkind zur Industriedesignerin
Komplett versammelt: Die Mitropa-Geschirr-Familie
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Margarete Jahny wurde als älteste von vier Kindern eines Landwirts geboren und durchlief einen bemerkenswerten Werdegang. Sie besuchte die Hauswirtschaftsschule in Breslau und fand während der turbulenten Kriegszeit in ihrer Kunst Trost und Abwechslung. Zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester fand sie nach dem Krieg Zuflucht in Königshain, später in Kamenz.
Ihre Talente wurden bald erkannt und sie konnte ein Studium an der renommierten Hochschule für Bildende Künste Dresden absolvieren. Hier wurde Jahny von einigen der bedeutendsten Köpfe ihrer Zeit geprägt. Sie studierte unter Erich Fraaß, Josef Hegenbarth, Hans Theo Richter und Lea Grundig, um nur einige zu nennen. All diese beeinflussten ihr Verständnis von Kunst und Design, führten sie jedoch letztendlich zur Keramik, die sie in ihren Bann zog. Durch diese Ausbildung entwickelte sie ihre spezielle Designphilosophie, die die Einheit von Form, Funktion und Material betonte und so zum Schlüssel ihrer späteren Erfolge wurde.
Eine Pionierin in der DDR-Welt des Industriedesigns
Nach Abschluss ihres Studiums trat Jahny ihre Stelle im Porzellanwerk in Weißwasser an und schrieb damit Geschichte. Als erste ostdeutsche Industriedesignerin mit Hochschulausbildung hat sie den Publizisten Günter Höhne, einen Experten für DDR-Formgestaltung, stark beeindruckt. Ihr Verständnis für Design ging weit über die Ästhetik hinaus, sie kommunizierte aktiv mit Ingenieuren und Ernährungswissenschaftlern, um Produkte zu schaffen, die nicht nur optisch ansprechend, sondern auch funktional und gesundheitsbewusst waren.
Jahny machte sich vor allem durch ihr Hotelgeschirr "Rationell" – besser bekannt als Mitropa-Geschirr – einen Namen. Dieses Service "Rationell", das sie zusammen mit ihrem Kollegen Erich Müller im Auftrag der Interhotels entwarf, wurde zum meistverkauften Gastronomie-Geschirr in der DDR. Ihr stapelbares Pressglassortiment "Europa" und der Pressglassatz "Luzern" sind ebenso Designklassiker geworden wie zahlreiche andere Werke für Haushalte und Industrie. Sie entwarf außerdem die sogenannten Wirte-Gläser aus Superfest-Glas.
Als sie damit beauftragt wird, eine Serie von Kochtöpfen zu entwickeln, führt sie Diskussionen mit Ernährungswissenschaftlern über gesunde und energieeffiziente Kochmethoden. Dabei wird die Verwendung von dünnen Topfböden betont. Dies stellt ihre erste bedeutende gestalterische Aufgabe um 1960 dar und ermöglicht ihr eine völlig neue Materialerfahrung: "Vom Herd zum Tisch". Das runde Kochtopfset aus Aluminium (wobei der größte Topf zugleich das Aluminiumgehäuse für das gesamte Set bildet) wird in den Alfi-Werken Fischbach in der Rhön hergestellt. Die Deckel fungieren auch als Servierteller. Das Modell wird zehn Jahre lang von der Nationalen Volksarmee genutzt.
Für Alfi entwirft Margarete Jahny auch eine schlank und elegant gestaltete Thermoskanne, die heute noch mit ihrem futuristischen und farbig eloxierten Design überzeugt. Die Gestalterin hätte gerne kräftigere Farben verwendet, jedoch stieß sie hier an technologische Grenzen. Dies stellte eine Übung in Kompromissbereitschaft dar. Margarete Jahny scheint die Balance zwischen Zugeständnissen und Beharrlichkeit gut zu beherrschen. Ihr Anspruch lautet: "Gutes, Schönes und Preiswertes für den Alltag". Dies betrachtet sie als Erbe des Dresdner Bauhauses. Ihre Serien zeichnen sich durch die harmonische Verbindung von Form, Funktion und Material aus.
Die Einheit von Form, Funktion und Material in Jahnys Werken
Jahnys Werk spiegelt ihre tiefe Überzeugung wider, dass gutes Design die Form und Funktion miteinander verbindet und dass die Materialauswahl integraler Bestandteil dieses Prozesses ist. Sie bemühte sich stets, "Gutes, Schönes und Preiswertes für den Alltag" zu schaffen. Diese Philosophie drückt sich in all ihren Arbeiten aus, von den Küchenutensilien bis hin zu den innovativen Geschirrserien.
Sie war eine Meisterin im Ausbalancieren von Kompromissen und verstand, dass sie sich manchmal den technologischen Einschränkungen beugen musste. Jahny beharrte aber gleichzeitig darauf, dass ihre Designs funktional, langlebig und ästhetisch ansprechend bleiben. Sie führte den Anspruch des Bauhauses nach Funktionalität und Schönheit in die Massenproduktion der DDR ein und schuf so ein Design, das die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllte und gleichzeitig zu einer höheren Designästhetik beitrug.
Ihr Nachlass, bestehend aus mehr als 300 Teilen, darunter Teller, Tassen, Töpfe und Gläser sowie Entwürfe, Zeichnungen und Fotos, wird im Industriemuseum Chemnitz sorgfältig gepflegt. Jedes Stück in dieser Sammlung erinnert an die bemerkenswerte Frau, die es geschafft hat, den Alltag der Menschen durch ihre kreativen und funktionalen Designs zu bereichern.
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- Erstellt am 11.07.2023 - 11:42Uhr | Zuletzt geändert am 13.07.2023 - 22:08Uhr
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