Mobbing erkennen und unterbinden
Bautzen / Budyšin, 3. August 2019. Von Thomas Beier. Von Mobbing spricht man, wenn in unterschiedlichen Eskalationsstufen Einzelne aus einer Gemeinschaft ausgegrenzt und beleidigt, benachteiligt oder schikaniert werden. Dabei kann diese Gemeinschaft – zum Beispiel ein Team am Arbeitsplatz oder eine Schulklasse – insgesamt aktiv mobben oder es gibt nur einen oder wenige Akteure, deren Treiben geduldet wird.
Abbildung oben: Zu den Anzeichen von Mobbing können Zurückgezogenheit und Vereinsamung, Konzentrationsstörungen, Überempfindlichkeit und andere mehr gehören
Cybermobbing als latente Gefahr für Kinder
Schon unter den Erwachsenen sind die Verhältnisse schwierig: Neben den in ihrer Persönlichkeit oft eher wenig sozialkompetenten Mobbern gibt es viele, die klammheimlich froh darüber sind, dass es nicht sie erwischt hat, zum Mobbingopfer zu werden, und vielleicht aus sogar aus diesem Grund mitmachen. Fakt ist, dass Mobbing dem Opfer mental mehr Schaden zufügt, als Außenstehende oder Beteiligte wahrhaben wollen. Wer von Mobbing betroffen ist oder wem Mobbing auffällt, der muss dagegen einschreiten. Wer sich allein zu schwach fühlt, vor Ort aber keine Verbündeten findet oder vom Vorgesetzten ignoriert wird, dem bleibt nur, woanders Hilfe zu holen: erste Ansprechpartner sollten der Personal- und Betriebsrat sein. Weitere Ansprechpartner sind die Gewerkschaften, Mobbingberatungsstellen, Selbsthilfegruppen und wenn das Mobbing bereits zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat, der Arzt.
Ganz anders ist das bei Kindern: Zum einen können betroffene Kinder nicht dem Maße eigenverantwortlich handeln wie Erwachsene, zum anderen kann Mobbing unter Kindern noch viel grausamer sein als unter Erwachsenen, weil mobbende Kinder mangels ausgepägter Sozialkompetenz und Empathie oft weniger Grenzen in ihrem Handeln gegenüber anderen kennen. Hinzu kommt: Mobbingopfer werden durchaus derart erniedrigt und eingeschüchtert, dass sie es nicht wagen, sich zu offenbaren und helfen zu lassen.
Das sogenannte Cybermobbing trifft Kinder und Jugendliche, welche die Sozialen Netzwerke des Internets für sich entdecken oder schon länger nutzen. Schließlich will man dazugehören, wenn die anderen auf Facebook, Whatsapp, Snapchat und den anderen Plattformen unterwegs sind. Doch ein schlechter Scherz, ein Rachebedürfnis oder die schlichte Freude an Erniedrigung können dazu führen, dass ein Kind einem "Shitstorm" ausgesetzt wird und in eine ausweglose Lage gerät. Immer wieder bleibt es für Eltern für längere Zeit unbemerkt, wenn sich so etwas zusammenbraut oder bereits über das Kind hereingebrochen ist. Besonders in der Pubertät, wenn Kinder sich von zu Hause abnabeln wollen, ist kaum zu erwarten, dass sie bei Problemen, die sie mit Gleichaltrigen haben, ihre Eltern um Rat bitten.
Was können Eltern tun? Sie sollten möglichst frühzeitig, beispielsweise, wenn das Kind erstmals ein Smartphone erhält, mit ihm über die Gefahren der digitalen Welt sprechen und zur Bedingung für die Handynutzung machen, dass ein Programm wie die FamiSafe - Kindersicherung App installiert wird. Mit solch einer Software können Eltern die Kommunikation ihres Kindes auf verdächtige Worte hin, die sie auch selbst festlegen können, überwachen. Natürlich muss das Kind wissen, dass ein derartiges Programm installiert ist – Vertrauen ist nun mal eine gegenseitige Angelegenheit, andererseits bedürfen unerfahrene Kinder durchaus der Kontrolle. Wenn Eltern Cybermobbing verhindern wollen, kommen sie heutzutage kaum um solche Maßnahmen herum.
Außerdem besteht das Risiko, dass ein Mobbing sich fast gleichzeitig in der virtuellen und in der realen Welt entwickelt. Genauso wie bei Erwachsenen sind gegenüber Kindern auch ansonsten Unbeteiligte, denen ein Mobbing auffällt, gehalten, dagegen vorzugehen. Vor allem mit Hintergrundwissen und bewusstem Handeln kann man gruppendynamische Prozesse, wenn sie negativ wirken, durchbrechen. Ein ganz anderes Beispiel dafür ist eine Unfallsituation auf der Straße, bei der immer mehr Passanten stehenbleiben und zuschauen, ohne zu helfen. Es wird gegafft nach dem Motto: Wenn die anderen nichts unternehmen, warum soll dann ich es tun? Hier muss man einzelne Leute direkt ansprechen und ihnen klare Anweisungen geben: "Haben Sie ein Handy? Sie rufen jetzt die Rettungstelle an!" oder "Kommen Sie mit, wir ziehen den Fahrer aus dem Auto!" – Macht man das nicht, wirken beim Menschen instinktiv ganz alte Programme, die sich über die gesellschaftliche Norm, die im Hilfeleisten besteht, legen. Ein freundliche und bestimmte Aufforderung reicht aus, um aus einzelnen Gaffern Helfer zu machen.
Der Autor Thomas Beier ist seit 1994 Freiberuflicher Unternehmensberater und überzeugt, dass sich mit Wissen über menschliche Verhaltensweisen und Mitarbeiterführung, das über die oft vermittelten Grundlagen hinausgeht, nicht nur eine stressärmere und produktivere Arbeitswelt gestalten lässt, sondern sich auch viele andere Bereiche – von der Kindererziehung über das Zusammenleben mit Nachbarn und im Verein bis hin zur Politik – reibungsärmer und angenehmer gestalten lassen. In seinem Blog schreibt er gelegentlich über Führungsfragen.
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- Quelle: Thomas Beier | Foto Füße/Hände: Anemone123, Foto handy: saferinternetat (saferinternet.at), beide Pixabay und Lizenz CC0 Public Domain
- Erstellt am 05.08.2019 - 09:21Uhr | Zuletzt geändert am 28.06.2022 - 13:53Uhr
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