Zum Asylheim im Husarenhof

Bautzen / Budyšin, 28. Januar 2016. Nicht vor Mitte März 2016 soll aus dem früheren Hotel "Husarenhof" am Bautzener Käthe-Kollwitz-Platz und einem Nebengebäude eine Unterbringung für bis zu 300 Asylsuchende werden. Weil das auf enormes öffentliches Interesse stößt, haben sich Oberbürgermeister Alexander Ahrens sowie Vertreter des Landratsamtes Bautzen und der Polizei am 26. Januar 2016 auf einer Informationsveranstaltung im Deutsch-Sorbischen Volkstheater Fragen der Anwohner beantwortet.

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Klare Fragen - klare Antworten

Nachstehend sind die wichtigsten Anliegen der Bürger, die auf der Versammlung zutage traten, mit den Antworten von Landkreis, Stadt und Polizei zusammengefasst.

    • Warum wurde ausgerechnet das Hotel "Husarenhof" als Asylunterkunft ausgewählt?

      "Rund 2.400 der aktuell 3.100 Asylsuchenden im Landkreis wurden im Jahr 2015 aufgenommen", berichtete Udo Witschas, 1. Beigeordneter des Landrates. Erst vor Weihnachten 2015 habe der Landkreis Bautzen die Information erhalten, dass ab Januar 2016 mit rund 250 Zuweisungen pro Woche zu rechnen sei. "Wir wussten nicht mehr, wo wir sie unterbringen sollen", so Witschas. Das Angebot des Husarenhof-Eigentümers, der Säurich-Sassenscheidt GbR, habe man daher nicht ablehnen können, fügte Lars Eibisch, Leiter des Ausländeramtes des Landkreises Bautzen, hinzu.

      Alternative Standorte gebe es zwar außerhalb der Stadt Bautzen, diese hätten jedoch nicht so schnell und nicht zu einem machbaren Preis zur Verfügung gestanden. Eine Unterbringung in Turnhallen habe man jedoch unter allen Umständen vermeiden wollen. Der Zeitpunkt der Unterrichtung der Öffentlichkeit habe unter anderem daran gelegen, dass der Eigentümer dies nicht gewünscht habe, er habe zunächst mit seinen Mietern sprechen wollen.

    • Wer hat die Kapazität von 300 Asylsuchenden festgelegt und wer zieht in die neue Unterkunft ein?

      Wie viel Platz einem Asylsuchenden zustehe, das sei gesetzlich geregelt, verdeutlichte Eibisch. Die genannte Kapazität von 300 Asylsuchenden sein nach der vorhandenen Nutzfläche eine rein rechnerische. Im ehemaligen Hotel sollen 200 und in einem Nebengebäude weitere hundert Menschen unterkommen.

      Während zu Beginn des Flüchtlingsstroms vor allem allein reisende Männer untergebracht werden mussten, hat sich das Verhältnis seit November 2015 wesentlich geändert und es kommen sehr viel mehr Familien, vor allem aus Syrien, dem Irak und aus Afghanistan. Woher die zukünftigen Bewohner des Heima am Husarenhof sein werden, könne jetzt allerdings noch nicht gesagt werden: Das Landratsamt erhalte erst 48 Stunden vor Anreise der Asylsuchenden die entsprechenden Informationen von der Landesregierung.

    • Wie wird die Sicherheit der Anwohner und der Asylsuchenden gewährleistet?

      Angst um die eigenen Kinder, Sorgen um die Sicherheit von Mitarbeiterinnen – die Frage nach der Sicherheit bewegte viele der rund 400 Gäste. Sven Forbriger als Vertreter der Polizeidirektion Görlitz betonte, dass von allen Asylsuchenden in Bautzen mit 90 Prozent der größte Teil bisher nicht straffällig geworden sei - und bei den registrierten Straftaten handelte es sich vor allem um Ladendiebstähle.

      Trotzdem: Um die Sicherheit zu gewährleisten, habe die Polizei inzwischen eine sehr enge Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Behörden umgesetzt und stehe auch in Kontakt mit den Betreibern von Asylunterkünften. Bereits vor Inbetriebnahme würden jedes Objekt geprüft und polizeiliche Empfehlungen für die Sicherheit gegeben.

      Grundsätzlich appellierte Forbriger an die Anwohner, Beobachtungen zu möglichen Gefährdungen frühzeitig an die Polizei zu geben: "Nur so können wir schon im Vorfeld etwa durch Kontrollen möglichen Straftaten vorbeugen." Der Beamte kündigte zudem einen verstärkten Einsatz von Bürgerpolizisten und Wachpolizei, die als Ansprechpartner für Bürgeranliegen fungieren, in dem Areal an. Auch sei Bautzen ein Schwerpunkt, wenn es um die Verteilung der zusätzlichen Polizeikräfte gehen wird, die der Freistaat aktuell plant.

      Eines stellte Sven Forbriger jedoch deutlich klar: "Wir können keine hundertprozentige Sicherheit garantieren." Die Situation hänge – das zeigen die Erfahrungen mit anderen Heimen – stark davon ab, wie die Zusammensetzung in der Unterkunft aussehen wird. Sollte jedoch Gefahr für Leib und Leben bestehen, würden die Beamten schnell vor Ort sein und auch andere Aufgaben zurückstellen. Für die Sicherung von Heim und Hof rief Forbriger dazu auf, die entsprechenden Beratungsangebote der Polizei zu nutzen.

      Zur Frage nach der Sicherheit für die Asylsuchenden, etwa vor Angriffen von außen, verwies er auf die Empfehlungen der Polizei, die unter anderem einen Zaun, Videoüberwachung nach innen sowie weitere bauliche Ratschläge beinhalten. Jedoch sei der Einsatz von Videoüberwachung für den Bereich außerhalb des Heimes rechtlich nicht möglich, erklärte der Lars Eibisch vom Ausländeramt.

    • Was wird aus dem Spielplatz auf dem Käthe-Kollwitz-Platz?

      "Ich werde meine Kinder auch weiterhin auf den Spielplatz schicken", reagierte Oberbürgermeister Alexander Ahrens auf die Sorgen von Eltern, für die er Verständnis zeigte. Dennoch: In der Regel sei die gefühlte Bedrohung ungleich größer als die tatsächliche. Sollte es jedoch Übergriffe auf Anwohner geben, werde er sich persönlich bei Ministerpräsident Tillich für die Abschiebung der Straftäter einsetzen. Ein Anwohner forderte dazu auch das Engagement der Anwohner und verwies auf die Situation vor der Neugestaltung des Platzes: Damals habe er deutsche Jugendliche auf dem Platz an die Einhaltung der Ruhezeiten "erinnern" müssen.

    • Was wird für die gekündigten Mieter getan?

      Um den Vertrag mit dem Landkreis abzuschließen, hatte der Eigentümer des früheren Hotels allen Mietern gekündigt. Die Kündigungsfristen sind dabei unterschiedlich, die vom Landkreis angebotenen Untermietverträge wurden nicht angenommen, so der Beigeordnete Udo Witschas. Der Eigentümer habe zudem die Bedingung gestellt, das Gebäude nur komplett – das heißt mit Kündigung der Mieter – an den Landkreis zu vermieten.

      Den älteren Anwohnern bereitet vor allem die Zukunft der Doppelarztpraxis von Ines und Frank Schampera am Käthe-Kollwitz-Platz Sorgen. "Als ich von der Kündigung der Arztpraxis gehört habe, war ich stinksauer", ärgert sich auch Oberbürgermeister Ahrens. Das städtische Wirtschaftsförderungsamtes sei bereit eingeschaltet, um Lösungen für die gekündigten Firmen zu finden. Gerade bei der Arztpraxis bestehe eine einjährige Kündigungsfrist - ausreichend Zeit, um einen neuen Standort im gleichen Wohngebiet zu finden. Bis dahin müsse jedoch der Zugang zur Praxis uneingeschränkt erhalten bleiben.

      Ein neuer Standort könnte zudem den Vorteil der besseren Zugänglichkeit der Praxis mit sich bringen, denn, so ein Veranstaltungsteilnehmer, in der zweiten Etage wie jetzt sei die Praxis für gehbehinderte Patienten nur schwer erreichbar.

    • Wie positioniert sich Oberbürgermeister Alexander Ahrens?

      Bei der Entscheidung, wo Asylsuchende untergebracht werden, spielt das Votum des Oberbürgermeisters keine Rolle, weil es hier um eine Pflichtaufgabe des Landkreises geht. "Ich unterstützte aber Landrat Michael Harig bei dieser Aufgabe, auch um die Belegung von Turnhallen zu vermeiden", so Oberbürgermeister Ahrens. Mit den derzeit rund 3.000 Asylsuchenden sei eine befürchtete Überfremdung ausgeschlossen, ebenso Verhältnisse wie in Neukölln, wo er selbst gelebt hatte. Die Asyl-Unterbringung sei eine Aufgabe, die kritisch begleitet werden müsse, allerdings mit Sachlichkeit in der Diskussion.

      Mit Bezug auf die Sicherheitsfragen kritisierte der Bautzener Oberbürgermeister die Landesregierung in Dresden, die die sächsische Polizei seit Jahren im Regen stehen lasse. Einen Vorteil in der geplanten Unterbringung sieht das Stadtoberhaupt: "Es kann nun keiner mehr sagen, dass Asylunterkünfte weit weg von Politikern eingerichtet werden." Immerhin wohne er selbst in der unmittelbaren Umgebung des neuen Heimes und stellte klar: "Mit meiner Familie bleibe ich auch hier wohnen, die Gerüchte über einen Wegzug entbehren jeder Grundlage.“ Ahrens forderte auch, den Durchgang vom Käthe-Kollwitz-Platz zum Gewerbezentrum und damit den Einkaufsmöglichkeiten unbedingt zu erhalten. Die Polizei hatte empfohlen, den Durchgang aus Sicherheitsgründen zu schließen.

      Wenig Hoffnung machte Ahrens in Bezug auf die Integration von Asylsuchenden in Bautzen: "Die meisten verlassen unsere Stadt wieder, sobald sie die Anerkennung haben." Er kenne persönlich viele qualifizierte Asylsuchende in der Stadt und bedaure, dass sich auch diese eher in die Ballungsräume der Großstädte orientieren würden.

    • Werden künftig Asylsuchende auch auf dem Gelände der Husarenkaserne untergebracht?

      Ein Anwohner der Klosterstraße forderte Aufklärung über die Gerüchte, dass auf dem Gelände der ehemaligen Husarenkaserne künftig ebenfalls Asylsuchende untergebracht werden sollen. Die Sorge war, das Gebiet könnte zu einem sozialen Problemviertel werden. Der Leiter des Ausländeramtes Lars Eibisch berichtete, es gebe seit längerer Zeit Gespräche mit dem Eigentümer. Das Gelände sei jedoch nicht besonders geeignet und werde aktuell auch nicht benötigt. "Ich kann es aber für die Zukunft nicht ausschließen, das liegt daran, wie sich die Zahl der Zuweisungen künftig entwickelt", so Eibisch. Aktuell plane der Landkreis mit den gleichen Aufnahmezahlen wie 2015, gehe jedoch von einer höheren Rückführungsquote aus als noch im Vorjahr.

    • Warum werden Asylsuchende vom Landkreis nicht auf alle Kommunen gerecht verteilt?

      Der Plan des Landrates, alle Kommunen mit einer Aufnahme-Quote gleichermaßen bei der Asyl-Unterbringung in die Pflicht zu nehmen, habe nicht funktioniert, erklärte der Beigeordnete Witschas. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass gerade in den kleineren Gemeinden nur wenige Objekte vorhanden sein, die sich für diesen Zweck eigneten. Dennoch müssten die ankommenden Menschen untergebracht werden.

    • Wie viel kostet die Unterbringung der Asylsuchenden den Landkreis?

      Im vergangenen Jahr entstanden dem Landkreis Bautzen für die Unterbringung von 2.760 Asylsuchenden in 16 Unterkünften Kosten in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Allerdings werden diese dem Landkreis vollständig vom Freistaat Sachsen erstattet, erklärte Udo Witschas.

    Kommentar:

    Wäre die Kommunikation rund um die hohe Zahl der Asylbewerber stets und allerorten so gelaufen, würde die Gesellschaft heute weit weit sachlicher mit den Problemen und Chancen des Zuzugs von Menschen aus ganz anderen Kulturkreisen und anderer Glaubensrichtungen umgehen.

    Wenn sich wie in Bautzen die wichtigsten Verantwortlichen, die sich vor Ort nicht nur der schwierigen Unterbringungsfrage, sondern auch dem Zusammenleben der Einwohner und der unterschiedlichen Asylbewerber stellen müssen, in einen vorurteilsfreien Dialog mit den Anwohnern begeben, so ist das vorbildlich.

    Wobei: In der Frage der Gestaltung des Zusammenlebens mit den neuen Bürgern, auch wenn die meisten wohl nur auf Zeit, als ein Aufenthalt, in Bautzen sein werden, sind vor allem die Anwohner gefordert - sei es organisiert als Verein, der den Ankömmlingen hilft, sich in der für sie neuen Welt zu orientieren, oder ganz privat - mit einem freundlichen Lächeln beispielsweise.

    Die Chancen bringen uns vorwärts, nicht das Zementieren von Problemen,

    meint Ihr Thomas Beier

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    • Quelle: red | Foto: Dietmar Schröder, 2015
    • Erstellt am 28.01.2016 - 09:28Uhr | Zuletzt geändert am 28.10.2022 - 12:03Uhr
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