Gegen Fremdenhass! Bautzen wehrt sich

Bautzen / Budyšín, 4. September 2014. Eine tunesische Asylbewerberin wollte ihren sechsjährigen Sohn zum ersten Schultag bringen Auf der Juri-Gagarinstraße wurde sie von einem bislang Unbekannten beschimpft und durch einen Schlag verletzt, als sie mit dem Kind flüchten wollte. Tatzeit war am 1. September gegen viertel Zehn. Es wird ermittelt, für Zeugenhinweise ist die Polizeidirektion Görlitz, Tel. 03581 - 46 82 24, dankbar. Heute hat sich der Bautzener Oberbürgermeister Christian Schramm mit einem Offenen Brief zum Vorfall geäußert.

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Offener Brief des Bautzener Oberbürgermeisters Christian Schramm

Liebe Bautzenerinnen und Bautzener!

Es sollte ein ganz besonderer Tag für das Kind einer tunesischen Asylbewerberfamilie werden. Doch am Morgen des ersten Schultages sah sich die junge Mutter dem Fremdenhass eines bislang unbekannten Mannes ausgeliefert. Die junge Frau wurde beschimpft und durch einen Schlag verletzt. Dieser Vorfall am hellen Tag, mitten in der Stadt Bautzen, ist widerlich. Ich bin zutiefst entsetzt darüber und entschuldige mich im Namen der Stadt und der friedliebenden toleranten Menschen ausdrücklich bei der jungen Familie für dieses Verhalten. Gemeinsam mit den Verantwortlichen der Polizei werde ich alles daran setzen, den Täter zu ermitteln und ihn zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Ergebnisse zur Wahl des Sächsischen Landtages haben gezeigt, dass sich ein Teil der Wähler in Bautzen und den anliegenden Gemeinden politisch rechts orientiert. Analysen von Meinungsforschern zeigen, wie diese Zahlen zustande gekommen sind und wie konkret Wählerbewegungen hin zur AfD oder der NPD aussehen. Vertreter aller demokratischen Parteien sollten sich diese Analysen nun sehr genau ansehen und entsprechende Konsequenzen ziehen. Diejenigen, die sich mit dem Gang zur Wahlurne – aus Überzeugung oder aus dem Beweggrund des Protestes gegen die etablierten Parteien – gegen die Asylpolitik der Bundesrepublik gewandt haben, sollten wissen: Fremdenhass gibt es nicht nur verbal.

Am ersten Schultag in Bautzen wurde eine Grenze überschritten. Ich appelliere an alle Bautzenerinnen und Bautzener, sich klar von Fremdenhass und Gewalt zu distanzieren. Unsere Stadt ist und bleibt weltoffen. Wir lassen uns nicht von wenigen Unbelehrbaren die Erfolge aus 25 demokratischen Jahren kaputt machen, um jetzt Gefahr zu laufen, von einigen Medien deutschlandweit als braunes Brutnest definiert zu werden. Menschen in Bautzen: Wacht auf, zeigt Gesicht, äußert euch öffentlich – mit Leserbriefen in den Zeitungen, im Gästebuch der städtischen Homepage oder in den sozialen Medien! Wir lassen uns nicht einschüchtern.

Der gute Ruf der Stadt Bautzen steht auf dem Spiel. Das dürfen wir nicht hinnehmen.

Christian Schramm
Oberbürgermeister der Stadt Bautzen

Kommentar:

Wer wegschaut, stimmt zu. Noch viel zu wenig machen wir den Mund auf, wenn die trüben Argumente insbesondere gegen Ausländer und Asylsuchende aufgetischt werden.

Dabei waren es genau diese, die Deutschland immer wieder vorangebracht haben: Wie sehr haben uns die Hugenotten bereichert - allein 20.000 der nach Deutschland geflohenen 50.000 ließen sich unter dem Schutz von Kurfürst Friedrich Wilhelm in Preußen-Brandenburg nieder und brachten die Wirtschaft voran. Das heutige Deutschland wäre ärmer ohne die Leistungen jüdischer Unternehmer, Wissenschatler und Geistesschaffenden, ohne die als Gastarbeiter eingewanderten Türken, Italiener, Griechen, Jugoslawen etc. pp.

Die aktuellen Flüchtlingsströme sind schon Anfang der neunziger Jahre von Wissenschaftlern vorausgesagt worden, wundern wir uns also nicht. Überlegen wir eher, was wir dazu beigetragen haben, wo unsere Verantwortung liegt und was wir tun können.

Ausländerfeindlichkeit zeigt sich häufig dort, wo es nur wenige Ausländer gibt. Wo es hingegen viele gibt, überlegen die Leute, wie man Probleme lösen und die Integration voranbringen kann.

Die Tunesier sind ein gegenüber Fremden freundliches Volk, voller Hilfsbereitschaft.

In Deutschland schlägt auf offener Straße ein Mann nur aus dumpfem Fremdenhass eine Mutter vor ihrem Kind. Das ist das Niveau eines Neandertalers, wenn überhaupt,

meint Ihr Fritz R. Stänker

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  • Erstellt am 04.09.2014 - 15:12Uhr | Zuletzt geändert am 04.09.2014 - 17:12Uhr
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